Trinkwasserproben, Lebensmittelkontrollen, Überprüfung der Standsicherheit – im Hintergrund des Stuttgarter Frühlingsfestes sind unzählige öffentliche Stellen und Behörden eingebunden. Wir haben mit zwei Verwaltungsmitarbeitern über ihre Arbeit auf dem Festgelände gesprochen.

Stuttgart - „Ich bin nicht betrunken“. Diesen Spruch hört Oliver Zimmermann nahezu jedes Mal, wenn er mit Jugendlichen Partygängern zu tun hat. Wer zu dem studierten Sozialpädagogen kommt, stand davor schon mit der Polizei in Kontakt und ist den Ordnungshütern negativ aufgefallen.

 

Zimmermann arbeitet normalerweise im Auftrag der Stuttgarter Stadtverwaltung im Kinderschutzteam des Olgahospitals und kümmert sich in einem interdisziplinären Team, das neben Pädagogen auch aus Pflegern und Ärzten besteht, um die Erkennung und Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen und die folgende Fallsteuerung.

Neben seiner Tätigkeit in der Kinderklinik behält der städtische Angestellte während der Volksfestzeiten in Stuttgart den Jugendschutz im Auge. Er koordiniert ein Team, das sich abwechselnd an Frei- und Samstagen auf dem Festgelände um auffällig gewordene Jugendliche kümmert und damit für Entlastung bei Polizei und den Rote Kreuz-Mitarbeitern sorgt.

Hohe Fallzahlen am Realschultag

„Wir arbeiten auf dem Frühlingsfest mit verschiedenen Akteuren zusammen. Polizei, DRK und die Festzeltwirte sind dabei unsere Ansprechpartner“, berichtet Zimmermann von seiner Tätigkeit. Jugendliche, die widerrechtlich Alkohol trinken, in eine Schlägerei geraten oder eine Straftat begehen, landen nach der Ankunft auf der Wasenwache bei den Mitarbeitern des Jugendamtes.

„Wir versuchen die angetrunkenen Jugendlichen zuerst einmal zu beruhigen und ihre Personalien festzustellen. Dann rufen wir die Eltern an und lassen die Betrunkenen abholen“, sagt der Sozialpädagoge über routinemäßige Vorgehen. Dabei handle es sich oft um Grenzerfahrungen für die Jugendlichen, die nur ganz selten auch ein zweites Mal auf der Wache aufschlagen würden. „Früher hatten wir einen Kandidaten, der jedes Mal wieder zu uns kam“, weiß der Pädagoge jedoch zu berichten.

„Rückblickend gesehen“, führt Zimmermann aus, „waren unsere Klienten vor einigen Jahren jünger. Auch gab es damals höhere Fallzahlen, die wir zu behandeln hatten“. Demnach hätten die Jugendamtsmitarbeiter bis vor wenigen Jahren an einem normalen Tag noch bis zu 30 Fälle versorgt, zumeist waren das junge Menschen im Alter von 13 und 14 Jahren. Heute seien das im Regelfall deutlich weniger. „Außer am Realschultag, da hatten wir auch in diesem Jahr 33 Fälle bei uns“, schiebt er nach.

Die Jugendlichen trinken weniger Alkohol

Dabei führt nicht nur übermäßiger Alkoholkonsum zu den Pädagogen. Auch Ausweismissbrauch oder Diebstahl seien Delikte, die die Jugendlichen auf den Weg zur Wache bringen würden. „Meistens handelt es sich bei dem Delikt um irgendetwas in Verbindung mit überhöhtem Alkoholkonsum“, berichtet Oliver Zimmermann.

Dank einer engen Kooperation mit den Festzeltwirten und einer verstärkten Präventionsarbeit durch die Polizei konnte der Alkoholmissbrauch bei jugendlichen Festbesuchern in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesenkt werden.

Einen weiteren Grund für den Rückgang der Fallzahlen sieht Zimmermann in der veränderten Geschäftspolitik der Festzeltwirte. Diese legten ihren Fokus auf erwachsene Besucher und würden viele Tische nur noch nach einer teuren Reservierung vergeben. „Ein Jugendlicher hat oftmals das Geld gar nicht, um sich das leisten zu können“, erklärt der Pädagoge den Rückgang.

Betrunkene Jugendliche, aggressive Eltern

„Einmal brachte die Polizei einen Jungen zu uns, der mitten auf der Mercedesstraße stand und die Autos umleitete. Er hatte mehr als 2 Promille und stand immer noch kerzengerade vor mir“, erzählt der Sozialpädagoge und fährt fort: „Beim anschließenden Gespräch mit dem 17-Jährigen wurde klar, dass der Jugendliche in seinem Heimatdorf Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr war und dort ab und zu den Verkehr regelte“.

Oliver Zimmermann kennt noch viele solcher Geschichten, die den Eltern der betroffenen Jugendlichen durchaus peinlich sind. „Teilweise muss man zuerst die Eltern beruhigen und hoffen, dass das Nachspiel zu Hause nicht zu heftig ausfällt“, erzählt der städtische Mitarbeiter.

Trotz jahrelanger Arbeit, die den Mitarbeitern des Jugendamts jeden Abend neue Schicksale in die Hände spült, möchte er die Erfahrungen auf den Stuttgarter Volksfesten nicht missen. „In meiner Freizeit gehe ich aber eher ungern auf das Frühlings- oder Volksfest. Das war aber auch schon früher so und hat sich nicht erst durch meinen Beruf ergeben“, sagt Zimmermann.

„Das Frühlingsfest ist unser Highlight“

Nur wenige Türen entfernt von den Räumlichkeiten des Jugendamts auf dem Stuttgarter Frühlingsfest befindet sich ein Büro, das während der Volksfeste von Mitarbeitern des Ordnungsamts benutzt wird. Timo Luppold ist Leiter des Sachgebiets „Gaststättenrecht, Spielhallen, Messen und Märkte“ und damit in die Planungen für Frühlings- und Volksfest eingebunden.

Gemeinsam mit seinen sechs Kollegen kümmert sich der Verwaltungsbeamte um die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen. Absprachen im Vorfeld des Festes, die Erteilung von Genehmigungen zum Aussschank von Alkohol und Kontrollgänge während der Festzeit – das sind nur einige Aufgaben der Behördenmitarbeiter.

Dabei betont Luppold, der seit fünf Jahren als Sachgebietsleiter tätig ist, das konstruktive Verhältnis zu den Schaustellern und Festzeltwirten. „Natürlich sind wir nicht immer einer Meinung. Aber dann lösen wir die Probleme mit viel Feingefühl, ohne dauernd irgendwelche Paragrafen zu zitieren“, berichtet der Ordnungsbeamte von seiner Vorgehensweise.

Illegale Disco in der Unterführung

Wenn das Bier fließt, die Festzelte sich mit Partygästen füllen und die Fahrgeschäfte besetzt sind, haben die Mitarbeiter der Stadtverwaltung bereits viele Aufgaben im Hintergrund erledigt. „In Zusammenarbeit mit dem Veranstalter planen und organisieren wir schon einige Monate im Voraus. Kurz bevor es losgeht, nehmen wir die Gesamtveranstaltung ab“, erklärt Luppold.

Auf Grund des Dienstes auf dem Festgelände, der vor allem an Wochenenden, wenn das Festgelände gut besucht ist, ansteht, müssten andere Aufgaben, die das Sachgebiet im Normalbetrieb beschäftigten, aufgeschoben werden. „Wir können natürlich nicht überall gleichzeitig sein. So kommt es, dass in den Festzeiten andere Aufgaben hintenan stehen müssen“, weiß der Beamte aus langjähriger Erfahrung.

Auf dem Festgelände seien die Mitarbeiter meistens zu Fuß unterwegs und nur selten im Büro. „Wir kontrollieren die Rettungswege in den Festzelten, prüfen, ob der Jugendschutz ausgehängt ist, und sorgen dafür, dass sich Wirte, Imbissbudenbesitzer und die Betreiber der Fahrgeschäfte an die Betriebszeiten halten“, beschreibt Luppold die Aufgaben vor Ort.

„Einmal wurden wir zur Unterführung bei der König-Karls-Brücke gerufen. Dort feierten rund 50 Menschen in einer provisorischen Disco. Die Musik kam von einer LKW-Ladefläche, alkoholische Getränke wurden verkauft und die Menschen tanzten“, erzählt der städtische Mitarbeiter.

Breites Aufgabenfeld mit vielen Kontakten

Abgesehen von diesem Vorfall komme es eher selten zu gravierenden Verstößen. „In diesem Jahr hatten wir zum Beispiel schon einen Luftballonverkäufer, der ohne Reisegewerbekarte unterwegs war“, schiebt der Behördenleiter nach.

An seinem Beruf gefalle dem Ordnungsbeamten der Kontakt mit verschiedenen Beteiligten. „Wir arbeiten mit den Betreibern von Gaststätten, Messen und Märkten zusammen. Bei den Volksfesten ist natürlich alles eine Nummer größer und sehr spannend“, freut sich Luppold über das breite Aufgabenspektrum.

Bei einem privaten Besuch auf dem Frühlingsfest oder in einer Gaststätte falle es ihm schwer, die „berufliche Brille“ abzusetzen. „Da kann man nicht einfach den Schalter umlegen. Man schaut einfach mit anderen Augen auf die Dinge“, berichtet der Verwaltungsmitarbeiter, der sein Studium an der Hochschule für Verwaltung Kehl abgelegt hat und vor der Gaststättenbehörde auch schon auf dem Ausländeramt gearbeitet hat.

Am Ende des Gesprächs blickt Luppold noch einmal in Richtung Riesenrad und bilanziert: „Das Frühlingsfest ist jedes Jahr wieder ein Highlight für uns“.