In Stuttgart schließen immer wieder Kunstgalerien. Das Kulturamt sieht aber keinen Grund zur Sorge. Ein Rettungsfond für Galerien ist nicht denkbar.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Die Hiobsbotschaften aus der Stuttgarter Galerienszene scheinen nicht abzureißen. Man ziehe den Galeristen „mehr und mehr der Boden unter den Füßen weg“, erklärte Anja Rumig, als sie vor zwei Jahren ihre Galerie dicht machte. Auch als sich Klaus Gerrit Friese dazu entschied, von Stuttgart nach Berlin umzuziehen, führte er dramatische Zahlen an: In Stuttgart habe er bislang nur vier bis fünf Prozent seines Jahresumsatzes gemacht.

 

Im Herbst wird nun auch die Galerie Parrotta gehen, aus persönlichen Gründen zieht Sandro Parrotta nach Köln. Die Galerie Franke stellt den Betrieb im Herbst dagegen gleich ganz ein, weil die Zeit der Ladengalerie vorbei sei. Schlechte Zeiten für Galeristen, so scheint es.

Für Gerd Dieterich gibt es trotzdem keinen Grund zur Besorgnis. „Das ist kein Stuttgart-Phänomen“, meint der Kunstreferent des Stuttgarter Kulturamts, auch in anderen Städten habe es die Galerienszene schwer, vor allem dort, wo die Mieten ähnlich hoch wie in Stuttgart seien. So sehr er es bedauere, dass immer wieder Galerien schließen - „aber man kann schlecht einen Rettungsfonds einrichten.“ Eine gezielte Unterstützung der Galerien sei für das Kulturamt nicht denkbar.

Der Art-Alarm soll helfen

„Aber wir haben ein Interesse, Stuttgart als Kunst- und Kulturstandort zu stärken, da gehören die Galerien selbstverständlich dazu“, sagt Birgit Schneider-Bönninger, die Leiterin des Stuttgarter Kulturamts. Deshalb unterstütze man auch den Art-Alarm, eine gemeinsame Initiative der Galerien, der am 23. und 24. September wieder stattfinden wird.

Der Fokus der öffentlichen Förderung liegt aber klar bei den Künstlern. So mache die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Stuttgart regelmäßig Förderankäufe bei hiesigen Künstlern. Davon können unter Umständen auch Stuttgarter Galerien profitieren, sofern sie einen dieser Künstler vertreten.

Die Unterstützung der Künstler ist vielfältig. Da Atelierraum in Stuttgart knapp ist, wurde die Atelierförderung aktualisiert, man kann nun auch für ein Atelier in der eigenen Wohnung Gelder beantragen. Wer eine interessante Immobilie aufspürt und in einen Arbeitsraum umwandeln will, kann außerdem Ausbauhilfe bekommen. Mit diesen Programmen will man nicht nur Künstler in Stuttgart halten, sondern sie auch motivieren, sich beim knappen Angebot selbst Räume zu suchen.

Es könnte auch an der Kunst liegen

Dass die Galerien sich mitunter schwer tun, könnte auch an der Kunst liegen. „Vieles ist galerienmäßig gar nicht mehr kompatibel“, meint Gerd Dieterich, wobei die Stadt gerade das unterstützen will, was sich kommerziell nicht vermarkten lässt: „Temporäre Geschichten, Eingriffe in den Raum, selbst organisierte Künstlerräume“, so Dieterich.

Auch beim Innovationsfonds Kunst, der derzeit mit 100 000 Euro ausgestattet ist, geht es um neue Kunstformen, um Kooperationen zwischen den Sparten oder Projekte im öffentlichen Raum. 1995 wurden die Programme „Kunst am Bau“ und „Plastik im Freien“ eingestellt, derzeit sucht das Kulturamt in Zusammenarbeit mit anderen Ämtern Ideen, wie die Stadt sich kulturell weiterentwickeln könnte und „was man mit der Stadt machen kann“, so Schneider-Bönninger.

Für sie und Dieterich ist klar: Kunst und Kunstbetrieb befänden sich im Umbruch. Der alte Sammlertypus sterbe aus. „Auch bei klassischen Konzerten verändert sich das Publikumsverhalten“, meint Schneider-Bönninger, auf diese Prozesse müsse man reagieren. Entsprechend müssten sich auch die Galerien neu erfinden, meint sie, ist aber überzeugt, dass „neue Galeristen mit neuen Formen nachwachsen werden.“ „Künstlerfreie Zone“ werde Stuttgart ganz sicher nicht, verspricht Gerd Dieterich. Wenn ein Künstler nach Berlin wolle, könne man ihn nicht halten, „da kann Stuttgart machen, was es will. Aber es gibt Künstler, die Stuttgart zu schätzen wissen – und einige kommen auch wieder zurück.“