Die große Nachfrage und die bis dahin guten Rahmenbedingungen haben die Kaufpreise und die Bodenrichtwerte im vergangenen Jahr erneut steigen lassen. Im ersten Quartal 2020 gab es keinen Einbruch durch die Corona-Pandemie – noch nicht.

Stuttgart - Wird die Corona-Pandemie auf dem Grundstücksmarkt Bremsspuren hinterlassen? Wahrscheinlich ja. Aber wie heftig und in welchen Segmenten, weiß im Moment noch niemand. Seit Dienstag ist nur sicher: Im ersten Quartal dieses Jahres ist es (noch) nicht zu einem Einbruch auf dem Markt gekommen. Stattdessen seien bis Ende März vergleichbare Umsätze und ähnliche Verkaufszahlen wie in den Vorjahren verzeichnet worden, berichtete der Gutachterausschuss der Stadt für die Ermittlung von Grundstückswerten.

 

Weil es im vergangenen Jahr nach wie vor deutlich mehr Nachfrage als Angebote gegeben hatte, sind die Preise in vielen Teilen des Segments erst einmal gestiegen und vom Gutachterausschuss die Bodenrichtwerte in manchen Bezirken angehoben worden.

Die Entwicklung im Wohnungsmarkt

Bauland für ein- bis zweigeschossige Wohngebäude verteuerte sich im Schnitt um 8,5 Prozent, Eigentumswohnungen um vier bis sieben Prozent, bebaute Grundstücke mit Einfamilienhäusern um rund zehn Prozent, Zwei- und Dreifamilienhäuser im Schnitt um sechs Prozent. Im Stadtgebiet verlief die Entwicklung aber nicht einheitlich. Die Richtwerte für Bauland für kleinere Wohngebäude wurden beispielsweise in der Innenstadt beibehalten, weshalb auch der Spitzenwert in der Stuttgarter Halbhöhenlage unverändert bei 3350 Euro pro Quadratmeter rangiert. Allerdings hob der Ausschuss die Werte für Kaltental wie auch für Botnang und die westlichen Filderbezirke um 15 Prozent an. In den östlichen Filderbezirken blieben sie unverändert auf allerdings schon hohem Niveau. In den nördlichen Bezirken und den Neckarorten stiegen sie um bis zu sechs Prozent. Höher ist der Anstieg für Grundstücke zum Geschosswohnungsbau und bei verdichteter Bebauung ausgefallen. Sie verteuerten sich im nördlichen Stadtgebiet um zehn bis 15 Prozent, in der Innenstadt um bis zu 25 Prozent.

Die Entwicklung im Gewerbebereich

Klassische Geschäftslagen legten – allerdings bei wenigen Verkaufsfällen – im Preis ebenfalls um bis zu 25 Prozent zu, bei Büronutzungen jedoch um bis zu 50 Prozent. Grund: Hier wurden bei den Transaktionen teilweise sehr hohe Preise aufgerufen. Darin spiegle sich die im Jahr 2019 noch anhaltend hohe Nachfrage nach modernen Büro- und Geschäftsflächen wider, berichtete Matthias Fatke, Leiter der Kaufpreissammlung im Stadtmessungsamt.

Das erste Quartal 2020

Da wurden im Vergleich zum Vorjahresquartal zwar erneut weniger Verkäufe gezählt, der Rückgang um drei Prozent bewegte sich aber im Rahmen der Vorjahresraten. Der Geldumsatz rangierte mit 791 Millionen Euro weit über dem Durchschnitt der Auftaktquartale in den vergangenen zehn Jahren. Bei Mehrfamilienhäusern und unbebauten Gewerbegrundstücken ging es nach oben, bei Geschäfts- und Bürogebäuden nach unten. Wohin die weitere Reise geht, werden erst Auswertungen der Verkäufe ab April zeigen. Bei den Eigentumswohnungen, bei denen es höhere Verkaufszahlen und somit bessere Daten gibt, blieben die Umsätze nach ersten Auswertungen im April um bis zu 30 Prozent unter denen des Vormonates. Das könnte aber auch daran liegen, dass die im Kampf gegen Corona neu eingeführten Hygienevorschriften einfach manche Besichtigungen und Notartermine verhinderten.

Der Ausblick

Wie es weitergeht, ist offen. Vielleicht würden infolge von Kurzarbeit und Stellenabbauplänen manche Käufe verschoben, meinte Günter Siebers, Vorsitzender des Gutachterausschusses und Chef des Stadtmessungsamtes. Aber auch die Konjunkturprogramme von Bund und Land könnten Effekte für die Grundstücksgeschäfte haben. Vor allem aber: „Der Mangel an Objekten wird durch die Corona-Pandemie nicht kleiner“, meinen Siebers und sein Stellvertreter Steffen Bolenz.

Prognosen gebe man keine, schon gar keine Entwarnung vor einem Preiseinbruch im Zeitraum von zwei oder drei Jahren, sagte Bolenz. Als der Gutachterausschuss im April tagte, ging die Einschätzung aber dahin, dass es einen Einbruch im Bereich Wohnimmobilien eher nicht geben wird. Die Segmente der Freizeitimmobilien und Objekte für Handel und gastronomische Nutzungen gelten allerdings als sensibler. Und auch, wie sich die Nachfrage im Bereich Handel entwickelt, wird spannend werden.