Am Wahlabend haben Gegner von Stuttgart 21 einen Bauzaun umgestürzt. Aktionsbündnis-Sprecher Gangolf Stocker kündigte seinen Rückzug an.

Stuttgart - Wenige Stunden nach dem historischen Wahldebakel von Schwarz-Gelb in Baden-Württemberg ist es am Stuttgarter Hauptbahnhof zu Ausschreitungen gekommen. Mehrere Hundert Gegner von Stuttgart 21 rissen am Sonntagabend Bauzäune um. Nach Polizeiangaben wurden bei der spontanen Protestaktion zwei Beamte verletzt.

 

Nachdem auf dem Stuttgarter Schlossplatz am Abend mehrere Tausend Menschen mit einer „Mappschiedsparty“ die Wahlniederlage von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gefeiert hatten, zogen Hunderte Menschen mit Musik und Gesang zum Hauptbahnhof. Stuttgart 21-Gegner warfen den Sperrzaun rund um den abgesperrten Kurt-Georg-Kiesinger-Platz komplett um. Dort soll ein unterirdisches zweistöckiges Technikgebäude für das Bahnprojekt entstehen.

Großaufgebot der Polizei

Ein Großaufgebot der Polizei drängte die Randalierer zunächst zurück und stellte die Zäune wieder auf. Allerdings rissen die Demonstranten die Barrieren erneut um. Die Sicherheitskräfte zogen sich daraufhin zurück. Während die Polizei die Zahl der Demonstranten auf rund 500 schätzte, sprach die Initiative der Parkschützer von etwa 1000 „ausgelassenen Kopfbahnhof-Freunden“. Vor dem Nordausgang des Bahnhofs versammelt sich laut Polizei rund 500 Menschen.

Der Sprecher der Parkschützer, Matthias von Herrmann, wertete die Aktion als Erfolg: „Der Bauzaun liegt, das ist gutes Zeichen“, sagte er. Mit der „spontanen Aktion“ forderten Stuttgart 21-Gegner die mögliche neue grün-rote Regierung zum sofortigen Baustopp auf. Herrmann betonte: „Wir Parkschützer fangen schon mal an.“ Die Parkschützer forderten den künftigen Ministerpräsidenten auf, als erste Amtshandlung bei Bahn und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) das Ende von Stuttgart 21 durchzusetzen.

Aktion am Südflügel

Ein Polizeisprecher sagte, Demonstranten hätten Widerstand gegen Beamte geleistet. Zur Art der Verletzung der Polizisten machte er zunächst keine Angaben. Dagegen beklagten die Parkschützer, die Stimmung habe zu kippen gedroht, „als die Polizei in einer recht unkoordinierten Aktion versuchte, der Menschenmenge einzelne Gitterteile entgegen zu drücken“. Die Lage habe sich aber wieder entspannt.

Hunderte Demonstrante zogen anschließend zur Bastelle des Grundwassermanagements am Südflügel des Bahnhofs. Auch dort rüttelten sie am Bauzaun. Die Polizei versuchte, das Gelände abzusichern.

Gangolf Stocker kündigt Rückzug an

Unterdessen kündigte der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Gangolf Stocker, seinen Rückzug an. Wegen Streitigkeiten wolle er noch in der Nacht sein Amt zurückgeben, sagte er im SWR. Stocker, der auch Mitglied im Stuttgarter Gemeinderat ist, beklagte, dass es im Lager der Stuttgart-21-Gegner zu viele Meinungsverschiedenheiten gebe.

Der 66-Jährige, der auch an der Schlichtung unter Vorsitz von Heiner Geißler teilgenommen hatte, galt als eine der Symbolfiguren des Protests gegen Stuttgart 21. Er war Versammlungsleiter zahlreicher Demonstrationen gegen Stuttgart 21, im Januar verurteilte ihn ein Gericht wegen eines Verstoßes gegen die Versammlungsauflagen zur Zahlung von 1.500 Euro.