Die so genannte Stuttgarter Brücke sollte zur Remstal-Gartenschau an mehreren Standorten gebaut werden. Nun bleiben vermutlich aber nur noch zwei Kommunen übrig, in denen die besondere Holzkonstruktion verwirklicht wird.

Schorndorf/Weinstadt - Ein verbindendes Element der interkommunalen Gartenschau, eine neue Verbindung über die Rems für Fußgänger und Radler, eine Holzkonstruktion als Hingucker: das alles soll die Stuttgarter Brücke sein. In Schorndorf und Weinstadt stand die Realisierung des Gartenschau-Projekts zur Debatte.

 

Was ist das Besondere an der Stuttgarter Holzbrücke?

Die Stuttgarter Holzbrücke soll robuster und langlebiger als eine gewöhnliche Brücke sein, versprechen ihre Entwickler vom Architekturbüro Cheret Bozic und dem Ingenieurbüro Knippers Helbig. Zusammen mit der Materialprüfanstalt der Universität Stuttgart haben sie einen von der Landesregierung ausgelobten Forschungsauftrag umgesetzt. Ihre Konstruktion aus Leimholz kommt ohne wartungsintensive Lagerkonstruktionen und Dehnungsfugen aus und wird von einer Belagsdecke geschützt. Dafür wurde sie mit dem Deutschen Holzbaupreis ausgezeichnet.

Was hat die Brücke mit der Gartenschau im Remstal zu tun?

An sechs Standorten in Weinstadt, Schorndorf, Plüderhausen und Urbach sollte der Bautypus bei der Remstal-Gartenschau 2019 zum Einsatz kommen und dabei helfen, ein Rad- und Fußwegenetz entlang der Rems zu erschließen. Denn zur Gartenschau wird ein neuer, durchgängiger Radweg gebaut, der alle 16 Kommunen miteinander verbindet.

Warum wird die Brücke in Schorndorf nun doch nicht gebaut?

Es schmerzte Thorsten Englert sichtlich, dass er dem Schorndorfer Gemeinderat am Mittwoch dazu raten musste, von der Stuttgarter Holzbrücke abzuweichen: „Das war ein schönes interkommunales Projekt. Aber wir müssen auch ein Zeichen setzen, dass wir nicht bei allen Mehrkosten mitgehen“, sagte der Finanzbürgermeister, der gleichzeitig auch der Geschäftsführer der Gartenschau-Gesellschaft ist. Denn nicht nur bei der Brücke, sondern auch beim Schorndorfer Abschnitt des Rems-Radwegs steht eine Kostensteigerung in Höhe von 400 000 Euro ins Haus. Die trägt der Gemeinderat zähneknirschend mit, weil man die Zertifizierung der Gesamtstrecke als 4-Sterne-Erlebnisradweg nicht gefährden möchte. Bei diesem Projekt sind es vor allem Vorgaben im Bereich der Sicherheit – etwa eine zusätzliche Ampel oder der Umbau von Verkehrsinseln – die die Arbeiten teurer machen. Im Fall der Brücke ist es vor allem die spezielle Gründung, die zu einer Kostensteigerung in Höhe von 445 000 Euro führt.

Was spricht für die neue Variante aus Aluminium?

Die Alubrücke, für die sich der Schorndorfer Gemeinderat jetzt mit großer Mehrheit ausgesprochen hat, ist wesentlich leichter – weswegen weniger tiefe Gründungen nötig sind. Verloren sind allerdings die Planungskosten für die Stuttgarter Brücke in Höhe von rund 170 000 Euro, zudem ist nicht sichergestellt, dass die neue Variante bis zur Eröffnung der Gartenschau im kommenden Mai fertig wird – angepeilt ist ein Baubeginn im Frühjahr. Insgesamt wird bei der Alu-Variante mit Kosten in Höhe von 306 000 Euro gerechnet.

Was ist in Weinstadt genau geplant?

Auch für Weinstadt wird es deutlich teurer, wenn die Stadt die beiden geplanten Brücken umsetzen will. Diese sollen an der Heppachmündung in Großheppach sowie an der Birkelspitze, einer Landzunge beim ehemaligen Areal der Nudelfabrik Birkel in Endersbach, gebaut werden. Die kleinere Brücke in den Großheppacher Mühlwiesen würde zwar mit 245 000 Euro statt der anvisierten 231 000 Euro noch im Kostenrahmen liegen, die größere an der Birkelspitze sprengt mit Kosten von 745 000 Euro ihr Budget jedoch um 285 000 Euro. „Aber für die Kleine allein sind Baufirmen nicht bereit, nach Weinstadt zu kommen“, erklärt der Tiefbauamtsleiter Felix Auwärter. Auch direkte Verhandlungen mit Firmen hätten keine günstigeren Angebote als bei den Ausschreibungen erbracht. Die Kosten steigen aus ähnlichen Gründen wie in Schorndorf.

Wie hat man sich in Weinstadt entschieden?

Bei seiner Beratung über die Vergabe der Brückenbauarbeiten hat der Weinstädter Gemeinderat nach Schorndorf geschielt – aus zweierlei Gründen. Zum einen überlegte man, ob man nicht auch eine kostengünstigere Alternative baut. Doch dagegen sprechen für Verwaltung und Gemeinderat gleich mehrere Gründe: Erstens kostet eine Neuplanung zusätzlich Geld. Zweitens ist die Brücke an der Birkelspitze für die Stadt eine wichtige städtische Infrastrukturmaßnahme – sie bindet das Wohngebiet Trappeler ans Endersbacher Ortszentrum an. Zudem liegt der Standort wesentlich prominenter als in Schondorf, so dass man drittens auf keinen Fall Gefahr laufen will, dass das Bauwerk bis zur Gartenschau nicht fertig ist. Zum anderen profitiert Weinstadt von Schorndorfs Nein. Denn für die Realisierung winken den Standortkommunen Fördermittel aus dem EU-Fonds für regionale Entwicklung. Eigentlich hätte Weinstadt daraus 30 000 Euro bekommen sollen. Nun werden es voraussichtlich 50000 Euro sein, da Schorndorfs Anteil an die anderen Kommunen fließt. Zudem erhält Weinstadt einen Zuschuss des Landes in Höhe von 287 000 Euro.

Was machen Urbach und Plüderhausen?

Plüderhausen hatte sich vor zwei Jahren für den Bau einer Stuttgarter Holzbrücke ausgesprochen. Sie sollte den Holzsteg in der Ortsmitte ersetzen. Im Juli 2017 wurde die Arbeitsgemeinschaft Stuttgarter Holzbrücke mit einer Vorentwurfsstudie beauftragt. Doch einige Monate später wurde das Projekt auf unbestimmte Zeit zurückgestellt – diesen Entschluss fasste der Gemeinderat im Rahmen der Haushaltsberatungen. Auch in Urbach ist die Brücke noch nicht ganz in trockenen Tüchern: Weil es eine deutliche Kostensteigerung gibt, wird der Gemeinderat an diesem Dienstag erneut über das Projekt abstimmen.