Nach dem Krieg war der Schutt der Hospitalkirche im Sindelfinger Wald verteilt worden – der damalige Revierförster hat das Taufbecken aber gerettet und als Mahnmal im Wald aufgestellt. Jetzt kehrt der Stein an den ursprünglichen Platz in der Hospitalkirche zurück.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Geburt und Tod, Taufe und Zerstörung – in diesem Spannungsfeld muss man die Geschichte erzählen vom Taufstein der Hospitalkirche – das Becken aus Schilfsandstein, erschaffen im Jahr 1809, ist jetzt aus dem Bannwald „Mietholz“ an der A 8, wo es jahrzehntelang Wind und Wetter ausgesetzt war, abgeholt worden. Am 3. Oktober wird der Taufstein an seinem angestammten Platz im Innenhof des Hospitalhofs wieder aufgestellt.

 

Die Geschichte beginnt auf den Tag genau vor 70 Jahren: Bei dem Angriff von 211 englischen Bombern ist Stuttgart am 12. September 1944 endgültig zerstört worden; es war nach den Juliangriffen 1944 der Höhepunkt des Schreckens für die Menschen in Stuttgart. Auch das Gotteshaus der Hospitalkirche vermochte den Bomben nicht zu widerstehen. Vier Jahre lang blieb der Schutt der Kirche einfach liegen, und in dieser Zeit diskutierte man hin und her, ob die Hospitalkirche vollends abgerissen wird oder ob man sie wieder aufbaut. Immerhin war die frühere Kirche des Dominikanerklosters nach der Stiftskirche die zweitälteste Kirche der Stuttgarter Innenstadt, errichtet im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts, als Stuttgart erstmals über seine Stadtmauern hinauswuchs.

Spruch auf dem Stein: So vergeht der Glanz der Welt

Das Ergebnis der Diskussionen ist bekannt: Der Chor der Hospitalkirche und die Südwand des Schiffes blieben als Mahnmal stehen – der gesamte Schutt wurde in den Sindelfinger Wald zwischen Büsnau und der A 8 gebracht, nahe dem Katzenbacher Hof. Heute gehört das Gebiet zum Forstamt Böblingen, und der Revierförster Jochen Müller konnte jetzt bei der Abholung des Taufsteins berichten, dass sein Vorgänger Heinrich Spring in den 1950er Jahren den Bauschutt genutzt habe, um erstmals Wege in dem Waldstück anzulegen und mit dem Abraum der Kirche zu befestigen.

Spring hat aber wahrgenommen, dass der Taufstein, der sich unter dem Schutt befand, etwas Besonderes ist – und hat 1958 ein Denkmal mitten im heutigen Bannwald angelegt. Es besteht aus drei großen Steinquadern aus der Hospitalkirche, auf die sich Spaziergänger gerne zum Ausruhen setzen. In der Mitte stand – auf dem Kopf – das Taufbecken, und eine Inschrift verlieh dem Denkmal Sinn: „sic transit gloria mundi“, so vergeht der Glanz der Welt. Der Stein, mit dem kleine Kinder getauft wurden, mit dem die Aufnahme in die Gemeinschaft Gottes gefeiert wurde, verfiel langsam im Wald. Besonders ist der Taufstein von 1809 übrigens auch deshalb, weil er der erste und bisher einzige in der Hospitalkirche war: Davor fanden die Taufen auch für das Hospitalviertel in der Stiftskirche statt – die Hospitalkirche war bis dahin keine Gemeindekirche gewesen.

Am 3. Oktober kehrt der Stein in die Kirche zurück

Eberhard Schwarz, der heutige Pfarrer der Hospitalkirche, wusste schon lange von dem Taufstein. Aber erst jetzt, da der Hospitalhof neu gebaut ist und die Kirche selbst saniert werden soll, biete sich die Gelegenheit, den Stein zurückzuholen. Die Steinmetzfirma Schönfeld hat das Becken nun von seinem Sockel befreit und mit in die Werkstatt genommen. Dort muss der Beton, der das Innere ausfüllt, herausgemeißelt und der Stein restauriert werden. Aber insgesamt sei er gut erhalten, so Eberhard Schwarz, auch dank des klugen Gedankens Springs, das Becken umgedreht aufzustellen. „Wir geben den Stein schweren Herzens, aber auch gerne zurück“, sagte Revierleiter Jochen Müller: „Letztlich gehört er in die Hospitalkirche.“

Am Freitag, 3. Oktober, wird er anlässlich der „Hospitalhof Open“ um 18 Uhr am ursprünglichen Ort wieder aufgestellt – damals war dies vor dem Altar, fast schon im Kirchenschiff; heute liegt dieser Platz außerhalb der Kirche, im Innenhof. Trotzdem: „Zumindest im Sommer könnten dort jetzt wieder Taufen stattfinden“, sagt Pfarrer Eberhard Schwarz.