Sport kann helfen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Was das für Flüchtlinge bedeuten kann, zeigt der VfB Stuttgart mit dem Projekt „Fußball verbindet“. Auch andere Vereine sind längst aktiv.
Stuttgart - Günther Schäfer gestikuliert mit Händen und Füßen, während eine Horde junger Fußballbegeisterter aus Serbien, Kroatien und anderen Ländern um ihn steht. „Blau ist eins, Gelb ist zwei, Rot ist drei und Grün ist vier“, erklärt der 52-jährige Trainer der Fußballschule des VfB Stuttgart und zeigt auf Hütchen, die er in der Halle verteilt hat. Ruft er eine Zahl, sollen die 20 Kinder mit dem Ball am Fuß zu den Hütchen mit der richtigen Farbe rennen. „Das Spiel ist nicht nur zum Aufwärmen da, sondern soll den Kindern auch helfen, Zahlen und Farben zu lernen“, sagt Schäfer, der 331 Bundesligaspiele für den VfB Stuttgart bestritten hat.
Die jungen Flüchtlinge sind noch nicht lange in Deutschland, und viele sind der neuen Sprache kaum mächtig. Das Projekt „Fußball verbindet“ hat der VfB Stuttgart mit dem Theaterhaus, der Mercedes-Benz Bank und der Stadt Stuttgart ins Leben gerufen.
„Unser Ziel ist es auch, Flüchtlinge nachhaltig zu unterstützen und sie auf den Alltag in Deutschland vorzubereiten“, sagt Schäfer. Seit einigen Jahren leitet die VfB-Legende die Fußballschule und betreut nun auch das Training im Rahmen des Projekts „Fußball verbindet“. Anfang April haben Kinder und Jugendliche im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren unter seiner Leitung mit dem Kicken begonnen. „Da zeige ich viel, mache viel vor und die Jungs und Mädels schauen die Übungen dann ab“, erklärt er.
Die Nachfrage ist riesig
Bald startet eine Gruppe im Alter zwischen 13 und 17 Jahren. Die Nachfrage ist riesig: Über 400 Flüchtlinge haben sich bei der Stadt gemeldet. Die vermittelt die Interessierten dann an den Bundesligisten weiter.
Deswegen will der VfB das Projekt, das unter der Dachmarke „VfBfairplay“ läuft, kontinuierlich ausweiten. Nach den Sommerferien werden zwei weitere Gruppen mit Flüchtlingen unter der Leitung von Schäfer trainieren: Eine für 17- bis 23-Jährige und eine für ältere. Während die Jüngeren in der Sporthalle des Theaterhauses trainieren, spielen die Älteren auf dem Trainingsgelände des VfL Stuttgarts. Mit der Zeit will der VfB Stuttgart immer mehr Vereine für das Projekt gewinnen. Das Trainerteam soll ihnen in den ersten Wochen Tipps geben. Dann sollen die Vereine mit den Flüchtlingen arbeiten. Die Mercedes-Benz Bank stellt Ausrüstung wie Bälle, Trikots, Hosen und Stutzen.
Nicht nur der VfB Stuttgart will Flüchtlingen helfen. „Es gibt zahlreiche Vereine, die spezielle Angebote für Flüchtlinge haben“, erklärt Dieter Schmidt-Volkmar, Präsident des Landessportverbandes Baden-Württemberg. Viele seien aktiv und hätten früh erkannt, dass Flüchtlinge das Vereinsleben bereichern könnten. So auch der TV 1865 Waibstadt (Rhein-Neckar-Kreis), den der Verband als eines von vielen Beispielen nennt.
Fußball verbindet Menschen
„Mannschaftssport ist einfach die beste Integration“, meint Boris Schmitt, Vorstandsvorsitzender des TV 1865 Waibstadt. Man biete Flüchtlingen an, kostenlos am Vereinsleben teilzunehmen - sei es in der Hip-Hop Tanzgruppe oder beim Volleyball. Auch ein zusätzliches Angebot nur für Flüchtlinge habe der Verein auf die Beine gestellt. „Dort wird dann hauptsächlich Fußball gespielt.“ Auch Studenten aus Heidelberg haben die Begeisterung für Fußball zum Anlass genommen, Flüchtlingen bei der Integration zu helfen: Sie haben die „Weltliga“ ins Leben gerufen, in der mehrere gemischte Teams um den Ligapokal kämpfen.
Das Integrationsministerium im Südwesten freut sich über die Initiativen. „Sportangebote für Flüchtlinge sind eine gute Möglichkeit, die Integration zu erleichtern“, sagt ein Sprecher. Sport könne Einheimische und Flüchtlinge näherbringen. Und er lässt Neuankömmlinge auf andere Gedanken kommen: „Auch an den Landeserstaufnahmestellen können Flüchtlinge regelmäßig Sport treiben“, so der Sprecher.