Eliszis Jahrmarktstheater im Höhenpark Killesberg muss derzeit schauen, wie es über die Runden kommt, auch wenn das Karussell nicht wie sonst vom 1. April an Runde um Runde dreht. Dies ist besonders im Jubiläumsjahr bitter.

Architektur/Bauen/Wohnen: Andrea Jenewein (anj)

Stuttgart - Eigentlich hatten die Pferdchen längst wieder ihren Platz im Höhenpark Killesberg eingenommen. Um für die Besucher dort wie üblich den Frühling einzuläuten. Stolz prangten sie bereits auf dem Karussell, und pünktlich zum 1. April sollten die Pferdchen fröhlich dahingleiten. Doch stattdessen werden die historischen Holztiere wieder eingemottet. Der Grund ist das Coronavirus.

 

Denn freilich ist auch Eliszis Jahrmarktstheater von den vorläufigen Schließungen aller Kultur- und Gastronomiebetriebe betroffen. Ausgerechnet in diesem Jahr trifft Eliszi Böhm und Uwe Kircher dies besonders hart. Zum einen feiert das Jahrmarktstheater in diesem Jahr sein 25-Jahr-Jubiläum. Darauf habe man den ganzen Winter lang hingearbeitet, viel Zeit und Leidenschaft investiert: Ein besonderes Programm sei erstellt, Flyer seien gedruckt und zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt worden, sagt Böhm.

Eliszis Jahrmarkttheater braucht dringend eine Halle

Zum anderen habe man in diesem Jahr das Jahrmarktstheater früher als sonst aufgebaut, da eine Filmproduktion des SWR das Theater als Kulisse nutzen wollte. Doch auch da kam Corona dazwischen – und damit fallen auch die Einnahmen durch die Vermietung der Kulisse weg. Dafür steht nun aber ein Großteil der Karusselle, Buden und Wagen bereits im Höhenpark. Dort aber sollen sie eigentlich nicht über Wochen rumstehen. Doch zurück in die Halle nach Zazenhausen können sie auch nicht, denn diese muss bis Ende des Monats vollständig leergeräumt sein. „Sie wurde uns gekündigt“, sagt Kircher.

Böhm (58) und Kircher (56) waren deswegen generell schon auf der Suche nach einer neuen Halle im Großraum Stuttgart. Nun ist dies aber dringlicher denn je. Denn der ursprüngliche Plan, einfach alles aufzubauen, um somit die Halle leer zu kriegen, ist nicht umsetzbar. „Wir wollen jetzt so viel wie irgend möglich zu uns nach Hause bringen, da haben wir auch noch eine kleine Halle“, sagt Kircher. Dies sei allerdings mit erheblichem Aufwand und einigen Kosten verbunden, denn das Paar lebt in der Nähe von Sinsheim auf dem Lande.

Die Osterzeit ist die wichtigste und beste Zeit des Jahres

„Wüsste man, ob das zwei, vier oder sechs Wochen dauert, dann wäre es eine einfache Kalkulationsgeschichte“, sagt Kircher, „eine Weile könnten wir schon bestehen“. Allerdings sei die Osterzeit für sie die beste Zeit des Jahres, sie mache ein gutes Drittel der Einnahmen des Jahres aus. Im Sommer laufe es mit den vielen Konkurrenzangeboten wie etwa den Freibädern eher mau, im Herbst gebe es dann meist noch ein paar gute Tage. Zudem sind von den drei Kindern des Paares zwei direkt von der Schließung des Theaters betroffen: Der Sohn sollte zusammen mit Eliszi mit einer Clownnummer auftreten. „Nino ist Tänzer, und seine Tanzschule in Freiburg ist derzeit auch geschlossen, und seine Shows sind erst einmal abgesagt“, sagt Böhm. Die Tochter hätte wie jedes Jahr die Waffelbäckerei übernehmen sollen. „Fabia ist Modedesignerin und Künstlerin, und auch ihre Aufträge brechen gerade weg “, sagt Böhm.

Doch nicht nur für seine Kinder ist das Paar verantwortlich. Sondern auch für seine Mitarbeiter. „Unsere Pressefrau, die wir eigens für das Jubiläum eingestellt haben, hat uns gesagt, dass sie und ihr Mann, ein Künstler, nur noch das Geld haben, das sie durch uns verdient“, sagt Böhm. „Das fühle ich mich schon in der Pflicht.“

Das Paar tendiert nicht dazu, schwarz zu sehen

Sie hofft aber auch, dass sich andere ihrerseits in der Pflicht sehen, Verantwortung zu übernehmen. Etwa die Stadt: „Man hört immer, dass es von Seiten der Stadt Unterstützung gibt – ich hoffe darauf, damit wenigstens unsere festen Mitarbeiter ihren Lohn bekommen können“, sagt Böhm. Zudem hofft sie auch an anderer Stelle auf ein Entgegenkommen der Stadt: „Wenn wir die Miete für die Nutzung des Grundstücks hier auf dem Killesberg an die Stadt zahlen müssen, obschon wir keine Einnahmen erzielen, dann wird es für uns wirklich schwierig“, sagt Böhm. Und vielleicht, so hofft sie, habe die Stadt ja sogar eine Halle, die das Paar mieten könnte.

Denn eigentlich tendieren Böhm und Kircher nicht dazu, schwarz zu sehen. Böhm ist sich bewusst, dass Menschen weltweit mit viel gravierenderen Problemen kämpfen müssen. „Ich hoffe, dass wir aus der Krise mitnehmen, mehr Verständnis für unsere Mitmenschen zu haben und mehr Dankbarkeit zu verspüren“, sagt sie.

Auch Uwe Kircher grämt sich nicht, sondern geht das Problem einfach an: Zunächst mal will er die Halle ausräumen – dabei hat er noch nicht die Möglichkeit aufgegeben, eine neue zu finden. Sie sollte im Großraum Stuttgart sein und mindestens 300 bis 500 Quadratmesser groß sein. Sein Wunsch ist es vor allem, alle Materialien an einem Platz zu zentralisieren.

Aber er hat auch Visionen: „Ich könnte mir auch vorstellen, das Jahrmarktstheater auf einer Wiese außerhalb aufzustellen und einen kleinen Freizeitpark aufzumachen – oder aber im Winter in einer Halle einen Winterjahrmarkt zu eröffnen, gerne auch in Kooperation mit dem Hallenbesitzer“, sagt Kircher. Um solche Vorhaben umzusetzen, habe er jetzt viel Zeit, sagt er und grinst – trotz allem.