Das GroKo-Beben in Berlin hält Kabarettisten auf Trab: Für den Starkbieranstich mit den Spitzen der Landespolitik am Samstag in Fellbach haben Christoph Sonntag und seine Kollegen das Puppenspiel bereits fünfmal umgeschrieben.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart/Fellbach - Von Winfried Kretschmann bis zu Thomas Strobl – die Polit-Größen des Landes werden sich am Samstagvormittag in der Alten Kelter in Fellbach fast komplett versammeln, wenn ihnen Kabarettist Christoph Sonntag als Fastenprediger zum sechsten Mal die Leviten liest. Seit Januar ist der Starkbieranstich mit 1500 Besuchern ausverkauft. Am Sonntag, 18.15 Uhr, strahlt das SWR-Fernsehen die Aufzeichnung von „Das jüngste Ger(i)ücht“ mit der Band Erpfenbrass, Schauspielerin Ursula Cantieni, Kabarettist Thomas Schreckenberger und anderen aus. Wir sprachen mit dem Gastgeber über die Unwägbarkeiten angesichts der politischen Erdbeben in Berlin.

 
Herr Sonntag, in der Hauptstadt platzt eine Bombe nach der anderen. Wie hart ist das GroKo-Chaos für Ihren Berufsstand?
In diesen Tagen sitzt man mit dem Kugelschreiber 30 Minuten vor Showbeginn über seinen Texten. Ohne umkritzeln geht nichts mehr. Und wenn man meint, fertig zu sein, ist alles wieder anders.

Puppenspiel fünfmal umgeschrieben

Was heißt das in Zahlen? Wie oft haben Sie Ihre Texte für den Starkbieranstich umgeschrieben?
Seit Oktober arbeiten wir an den Texten. Wir haben das Puppenspiel bisher fünfmal, das Ensemblespiel zweimal und meine Rede vier mal umschreiben müssen. Ich bin froh, wenn die Sendung bald im Kasten ist.
Was hat Sie am meisten überrascht bei den zahlreichen Überraschungen in der Politik der letzten Tage?
Politiker sagen immer, es geht um das Land und um die Partei - erst danach um Personen. Wir wissen, dass das nicht stimmt. Aber so klar wie diesmal haben sie uns selten ihre wahre Absicht gezeigt.
Was machen Sie mit einem Gag über Martin Schulz, der nicht mehr passt?
Zu Martin Schulz passt jeder Gag. Man muss nur aufmerksam beobachten, wie lange das noch überhaupt jemand interessiert.

„Biologisch macht’s unser Kretsch noch drei Jahrzehnte“

Herr Strobel hat mitverhandelt in Berlin. Hat er sich auch von der SPD und der CSU über den Tisch ziehen lassen? Obendrein hat ihn der CDU-Fraktionschef in Stuttgart nicht mehr lieb. Kann Strobel noch Ministerpräsident werden?
Zur Landes-CDU kann niemand eine Prognose abgeben. Da ist viel leichter, die Lottozahlen vom nächsten Wochenende zu erraten. Man muss es aber auch positiv sehen: Für mich bietet die konservative Partei, was ihre offen ausgetragenen Flügelkämpfe und Eitelkeiten angeht, zur Zeit allergrößten Unterhaltungswert.
Unser Ministerpräsident wird bald 70 und ist fit wie eh und je. Zu Merkel sagt man, die Erneuerung müsse kommen. Muss Baden-Württemberg nicht auch erneuert werden und wenn ja mit wem?
Den Grünen sind ja ihre eigenen Politiker, die populär sind, immer ein seltsamer Dorn im Auge. Deshalb musste Cem Özdemir gehen, weil sonst seine Bundespartei bei der nächsten Wahl mit ihm sehr viel besser abgeschnitten hätte. Kann sein, dass die Grünen deshalb irgendwann Winfried Kretschmann aus der Villa Reitzenstein jagen. Biologisch mach’s unser Kretsch noch drei Jahrzehnte.