Gerd Dais ist der neue Trainer des Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers. Im StZ-Interview spricht der 49-Jährige über die Vorbereitung auf die Rückrunde und über die sportlichen Ziele des abstiegsbedrohten Fußball-Drittligisten von der Waldau.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
Stuttgart – Am Samstag wird es ernst – für den Fußball-Drittligisten Stuttgarter Kickers, aber auch den Trainer Gerd Dais. Der 49-Jährige gibt beim Spiel in Halle sein Pflichtspieldebüt auf der Bank.
Herr Dais, was war denn in Stuttgart bisher einfacher: die Spielersuche oder die Wohnungssuche?
Ich denke, die Wohnungssuche steht jetzt erst einmal hinten an, zumal ich ja die Möglichkeit habe, auch im nahegelegenen Hotel zu nächtigen. Deshalb hat die sportliche Seite Priorität gehabt und da konnten wir das, was wir uns zu Jahresbeginn vorgenommen hatten, umsetzen: nämlich drei Neuzugänge zu holen – von daher sind wir auf einem guten Weg.

Was hat für diese Spieler – Daniel Engelbrecht, Nicolai Groß und Fabian Baumgärtel – gesprochen? Sind alle Verstärkungen?
Ob das alle gleich Verstärkungen sind, wird man sehen. Es ist auf jeden Fall so, dass die Qualität in der Breite zugenommen hat und der Konkurrenzkampf in vollem Gange ist. Das sind gute Voraussetzungen, weil sich jeder im Training Tag für Tag auf Neue voll einbringen muss, um sich zum empfehlen oder seine Ansprüche auf einen Stammplatz zu behaupten.

Das Ziel lautet ganz klar: Klassenverbleib. Was bereitet Ihnen diesbezüglich noch die größten Sorgen?
In der Defensive müssen wir kompakt stehen und die Räume eng machen – und in der Offensive haben wir noch das größte Steigerungspotenzial. Da müssen wir unsere Chancen besser ausspielen und unsere Kontermöglichkeiten zielstrebiger abschließen. Das sind die wesentlichen Punkte, wo wir uns bis Samstag noch verbessern können.

Und der Dais’sche Grundsatz „Die null muss stehen“ gilt auch bei den Kickers?
Das hat man ja in der Vorbereitung gesehen, als wir zweimal 1:0 gewonnen haben. Ich denke, das ist die Basis; es bringt ja nichts, wenn man vorne drei Tore schießt und hinten vier bekommt. Wobei das mit dem Abstiegskampf wenig zu tun hat, das ist bei den Mannschaften oben in der Tabelle genauso, dass bei denen erst einmal die Null stehen soll. Alles weitere ergibt sich dann von alleine.

Was das Grundsystem angeht, haben Sie bei Ihrem Amtsantritt gesagt: „Ich schaue mir erst einmal die Vorbereitung an, dann entscheide ich.“ Kann man nun sagen, dass das 4-3-2-1-System momentan Priorität hat?
Ja, das steht an erster Stelle. Zumal wir in der Offensive ja Verletzungsprobleme gehabt haben mit Marcos Alvarez, Marco Grüttner, kurzfristig noch Daniel Engelbrecht, und Nicolai Groß ist erst letzten Freitag zu uns gekommen. Das muss sich alles erst einspielen, auch das Verständnis untereinander. Das 4-2-3-1 wird deshalb mit Blick auf das Halle-Spiel die erste Option sein.

Und kann man auch schon sagen, wer im Tor stehen wird?
Die Entscheidung ist offen.

Zwischen Markus Krauss und Günay Güvenc?
Genau. Die sind absolut auf Augenhöhe – und ich habe bei beiden kein Bauchweh.

Sie gelten ja als Sandhausener Urgestein. Wo liegen denn die Unterschiede gegenüber einem Traditionsverein wie den Kickers?
Vor allem, was die Geschäftsstelle bei den Kickers angeht. In Sandhausen saßen dort vor eineinhalb Jahren eineinhalb Leute. Da ist der sportliche Erfolg fast zu schnell gekommen, so dass sich dieser Bereich nicht mitentwickeln konnte. Bei den Kickers dagegen ist alles gewachsen. Im sportlichen Bereich oder bei den Trainingsmöglichkeiten gibt es dagegen kaum Unterschiede, das ist nahezu identisch.

Sie haben Sandhausen von der Abstiegszone der dritten Liga in die zweite Liga geführt. Da schwebt vielen bei den Kickers als Vorbild vor. Was sagen Sie solchen Optimisten?
Das darf man nicht vergleichen. In Sandhausen war das damals eine ganz andere Ausgangssituation. Da war die Mannschaft vor der Saison der absolute Meisterschaftsanwärter; von 20 Trainern haben 19 den SV Sandhausen aufs Favoritenschild gehoben. Die Kickers sind dagegen Aufsteiger und haben erst einmal das Ziel, in der Klasse zu bleiben. Man sollte sich deshalb immer mal wieder erinnern, wo man herkommt. Mit Bescheidenheit und Geduld fährt man gut – das war schon in Sandhausen so. Wenn wir in der dritten Liga bleiben, kann man sich über andere Dinge Gedanken machen.

Zu den anderen Dingen gehört bei den Kickers auch der Unterbau mit der U 23 , die in der Oberliga spielt oder den A-Junioren in der Bundesliga.
Das ist im Vergleich zu Sandhausen sicher ein Riesenvorteil. Bei der U 23 sind hier zwei Klassen Unterschied. In Sandhausen als Zweitligist kämpft die zweite Mannschaft in der Verbandsliga gegen den Abstieg, und die A-Junioren sind in der Oberliga. Daran sieht man, dass bei den Kickers auch im Nachwuchs eine gewisse Qualität vorhanden ist – das sind gute Voraussetzungen im Hinblick auf die Zukunft. Und es ist zudem eine spannende Aufgabe, talentierte Spieler in den Kader der ersten Mannschaft zu integrieren.

Wenn man davon ausgeht, dass die Stuttgarter Kickers den Klassenverbleib schaffen, verlängert sich Ihr Vertrag ja automatisch um zwei weitere Jahre. Was gibt es denn mittelfristig für Ziele?
Wenn wir jetzt drinbleiben, muss man sehen, was es für Möglichkeiten gibt. Es ist ja nicht autoamtisch so, dass eine unveränderte Mannschaft dann im nächsten Jahr um den Aufstieg mitspielt. So einfach geht es nicht. Aber jetzt gilt es, in den verbleibenden Spielen erst einmal die nötigen Punkte zu holen.

Und über die Wohnung kann man sich dann auch Gedanken machen.
Das werde ich zu gegebener Zeit tun. Aber es ist ja keine Riesenentfernung aus Nußloch. Ich war ja auch schon mal Trainer in Lauda, das waren 130 Kilometer einfach. Es ist ja nicht so, dass man da den halben Tag auf der Autobahn verbringt.

Wenn nicht gerade das Wetter Kapriolen schlägt, wie vergangenen Sonntag, als das Training ausfiel.
Ich war ja da – und ein paar Spieler auch. Aber es bringt ja nichts, wenn man mit fünf Mann anfängt zu trainieren. Das war in Ordnung so.