Nach der 0:2-Niederlage in Heidenheim kann sich der Fußball-Drittligist Stuttgarter Kickers in der Trainerfrage bislang noch zu keiner Entscheidung durchringen. Julian Leists Suspendierung beschäftigt die Gemüter.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Kurz vor der Halbzeitpause am Samstag gab Heidenheims Marc Schnatterer schon mal einen Warnschuss ab, als er einen verunglückten Ball in Richtung der Kickers-Bank drosch, mit seinem Freistoßtreffer später zum 2:0-Endstand versetzte er dem Kickers-Trainer Massimo Morales aber – im übertragenen Sinne – noch nicht den Todesstoß. Am Sonntagabend jedenfalls tagten die Kickers-Herren noch, was die Zukunft des Italieners angeht.

 

Dabei spricht nicht mehr viel für den Coach, der mit der Mannschaft nach acht Spielen weiter auf den ersten Saisonsieg wartet. Unabhängig von der sportlich bescheidenen Lage herrscht eine verfahrene Situation im Team, das auf dem Platz auch nicht gerade den Eindruck erweckte, als würde es sich für den Trainer zerreißen; Marcos Alvarez ausgenommen, obwohl auch ihm nicht viel gelang.

Der gesperrte Kapitän Enzo Marchese ließ sich nach Spielende als Einziger zu einer konkreten Aussage hinreißen, die vielsagend genug war. „Im Aufstiegsjahr haben wir auch nicht immer guten Fußball gezeigt, aber im Moment können wir nicht einmal das abrufen, was uns ausgezeichnet hat: Lauf- und Kampfbereitschaft.“

„Wahrscheinlich ist der Verein nicht zufrieden mit mir“

Unmittelbar nach dem Spielende gaben sich die Verantwortlichen rund um die schmucke Voith-Arena – im Gegensatz zu dem wie immer redseligen Trainer – noch bedeckt. „Kein Kommentar“, sagte der Präsident Rainer Lorz, der damit die Sprachregelung vorgegeben hatte. Eigentlich sollte am Sonntag gegen 14 Uhr mehr preisgegeben werden, doch dann stellte sich heraus, dass sich die Verantwortlichen – warum auch immer – erst am Abend zusammensetzen wollten. Die Fakten lagen da schon längst auf dem Tisch: Drei Punkte aus der englischen Woche hatte das selbst unter Druck stehende Präsidiumsmitglied Guido Buchwald als Vorgabe ausgegeben – es wurde nur einer, beim 2:2 in Osnabrück.

Diese sportliche Talfahrt allein würde schon eine Trennung rechtfertigen. Doch letztendlich liegen die Betriebsstörungen tiefer. Morales, so hatte es jedenfalls den Eindruck, trieb den Machtkampf auf die Spitze, als er Julian Leist kurzfristig aus dem Kader für das Heidenheim-Spiel strich. Nachdem es zuvor schon verdiente Spieler wie Marcel Ivanusa und Patrick Auracher (inzwischen in der zweiten Mannschaft) sowie Fabio Leutenecker oder Fabian Gerster getroffen hatte. Von dem stellvertretenden Kapitän Leist erwarte er eine andere Einstellung, sagte Morales. Wie es mit Leist weitergehe, wurde der Trainer in der Pressekonferenz gefragt. „Die Frage ist wohl eher, wie es mit mir weitergeht“, antwortete der 49-Jährige schlagfertig. „Wahrscheinlich ist der Verein nicht mehr zufrieden mit mir.“ Das könnte durchaus sein.

Morales wollte sich auch nicht näher zu dem Vorfall am Freitagmittag äußern. „Das bleibt intern“, sagte er. Er warte auf eine Entschuldigung des Spielers, dann könne man weiter zusammenarbeiten. „Die Entscheidung war hart, aber notwendig.“

„Morales-raus-Rufe“ von den mitgereisten Kickers-Fans

Das sahen offenbar nicht alle Verantwortlichen so. Guido Buchwald jedenfalls versuchte erst gar nicht den Vorfall zu vertuschen, sondern nannte seinen Informationsstand: „Leist hat um 14 Uhr noch ein Schnitzel auf der Clubhaus-Terrasse gegessen, obwohl eine halbe Stunde später das Training begann.“ Doch auch da gibt es unterschiedliche Aussagen, das Training auf dem Platz habe erst um 15.30 angefangen, davor war Videostudium angesagt.

So oder so: Buchwald versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war – und schlug als Kompromiss eine Geldstrafe vor. Doch Morales bestand auf seiner Entscheidung, was ihm in Heidenheim von den mitgereisten Fans „Morales-raus-Rufe“ einbrachte. „Das ist ihr gutes recht“, sagte der Coach.

Noch ist das Kapitel Morales nicht beendet, doch sollte es so kommen, wäre weiteres Kapital verbrannt. Denn nach den Abfindungen für die Vorgänger Dirk Schuster (jetzt Darmstadt 98) und Gerd Dais (arbeitslos, in Saarbrücken im Gespräch), darf man davon ausgehen, dass Morales dem Verein finanziell nicht allzu weit entgegenkommen würde. Als Nachfolger kämen Jürgen Luginger (zuletzt Saarbrücken), Ralf Loose (zuletzt Dresden) oder Uwe Wolf (zuletzt Kassel) infrage. Am Montag um 14 Uhr weiß die Mannschaft mehr – dann ist Treffpunkt in der Kabine.