Trainer kommen und gehen: die Stuttgarter Kickers haben am Mittwoch ihren Coach Horst Steffen entlassen, am Samstag sitzt Alfred Kaminski auf der Bank, dann übernimmt Tomislav Stipic.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Stuttgart - Michael Zeyer hat sich der Verantwortung gestellt. Der Sportdirektor der Stuttgarter Kickers war am Donnerstag ein durchaus gefragter Mann. Schließlich hatte die tags zuvor verkündete Entlassung des Trainers Horst Steffen bei dem Fußball-Drittligisten überwiegend Verwunderung hervorgerufen. Und so gab es bei der wöchentlichen Pressekonferenz vor allem einen Gesprächsbedarf: wieso, weshalb, warum?

 

Natürlich sind sechs sieglose Spiele nacheinander per se nie ein Argument für den Trainer. Doch bei dem selbst ernannten Familienbetrieb Kickers gelten andere Gesetze, erst recht seit der Ankunft des menschlich (und fachlich) hoch geschätzten Rheinländers. Eigentlich. Wobei Zeyer explizit betonte, dass die Blauen sich eben nicht im allgemeinem Mainstream bewegen, sondern ihren eigenen Weg gehen, und die Argumentationskette kurzerhand umdrehte. „Bei 95 Prozent der Vereine wär’s doch so gewesen, dass man gesagt hätte: jetzt schauen wir noch ein Spiel.“

Stipic überzeugt Zeyer

Nicht bei den Kickers, nicht nachdem Tomislav Stipic ins Spiel gekommen war. Der wurde Zeyer schon länger mal empfohlen, nachdem er beim Zweitligisten FC Erzgebirge Aue einen von der Spielweise auffällig offensiven Job verrichtete, wenn auch letztlich ohne das Happy-End, den Klassenverbleib in der zweiten Liga. Auf der Heimfahrt vom Erfurt-Spiel nun erinnerte Zeyer sich wohl daran, nahm am Sonntag telefonisch Kontakt auf – und war spätestens nach dem ersten persönlichen Kennenlernen tags darauf sofort fasziniert.

Sein Tenor: „Das Präsidium und ich sind zur Auffassung gekommen, dass wir unter dieser Konstellation die Krise besser bewältigen.“ Soll heißen: besser als mit Horst Steffen. „Wir haben Mut zu dieser Entscheidung“, betonte Zeyer nochmals den eigenen Ansatz. Ob der fruchtet? „Das weiß man nie, es ist immer ein Vabanquespiel.“

Zumal es das auch mit Steffen geworden wäre, spätestens in der Winterpause. Bisher hatte sich der 46-Jährige stets geweigert, den Vertrag – wie seit Langem angeboten – zu verlängern. „Es war klar, dass er zum jetzigen Zeitpunkt nicht unterschreiben will“, sagte Zeyer nochmals – und ließ damit anklingen, dass diese zögerliche Haltung durchaus mit zum Verhängnis geworden ist, nachdem zuletzt die Zweitligisten Fortuna Düsseldorf und 1860 München in Kontakt mit Steffen getreten waren. Das alles ändert nichts an dessen hervorragender Arbeit, „leider hat die nur zwei Jahr gedauert“, bedauerte schließlich auch Zeyer, nachdem die Mannschaft „schon geschockt gewesen war“, wie der Sportdirektor hinzufügte. Die meisten jedenfalls. Deshalb war man mit den Spielern am Mittwoch auch noch zum Essen gegangen, um den Kopf etwas frei zu bekommen.

Stipic sitzt Samstag im Stadion

Der neue Trainer wird zwar schon am Samstag im Stadion sitzen, am Montag dann vorgestellt, aber erst am Dienstag seine Arbeit aufnehmen, „weil es jetzt schwierig geworden wäre, ihn auf die Schnelle reinzuwerfen in eine Situation, die er nicht hundertprozentig überblicken kann“, sagte Zeyer.

Diesen Part übernimmt nun interimsweise (und nur das) Alfred Kaminski, der aktuelle U-23-Trainer, der sagt: „Ich kenne die Mannschaft ja weitgehend und werde den Fokus bis Samstag nur auf das Spiel gegen Mainz legen.“ Alles andere hat keinen Sinn, weshalb davon auszugehen ist, „dass ich weder in den Abläufen noch im Kader groß etwas ändern werde“, sagte der 51-Jährige, der erst im Sommer die zweite Mannschaft übernommen hatte – die er am Sonntag mit der Partie gegen Oberachern schon wieder betreuen wird. Mal sehen, ob ihm gleich zwei dicke Fische ins Netz gehen.

Kaminski ist nämlich gelernter Zollfahnder. Er war in Hamburg tätig, ehe er sich 2002 entschlossen hat, professionell in den Sport zu wechseln und den Fußballlehrer in Köln zu machen. Er trainierte den 1. FC Saarbrücken, den FC Homburg, war Chefscout beim VfR Aalen unter Ralph Hasenhüttl und dann Sportdirektor bei Kickers Offenbach. Von daher kennt er das Rhein-Main-Gebiet bestens und damit auch den Gegner am Samstag, den FSV Mainz II. Sein Auftrag? „Das Spiel positiv abschließen.“ Am besten mit drei Punkten.

Die brauchen die Kickers zunächst einmal, um aus der Abstiegszone zu kommen. Was nicht heißen soll, dass die Verantwortlichen den Aufstieg schon ganz aufgegeben hätten. Wie sagte Zeyer: „Wir sind ambitioniert. Ich glaube nach wir vor an das Potenzial der Spieler und lasse mich daran auch messen – aber dafür ist es noch zu früh.“ Für Horst Steffen indes ist es dafür zu spät.