Als die Spieler der Stuttgarter Kickers am Samstag gegen 19 Uhr beim Festakt im Friedrichsbau Variete eintrafen, stand ihnen die Enttäuschung noch ins Gesicht geschrieben. „Auch das ist Kickers – man steht nicht immer auf der Sonnenseite“ sagte Präsident Rainer Lorz kurz danach bei seiner Begrüßungsrede anlässlich des 125-Jahr-Jubiläums des Fußball-Regionalligisten.
Das hatte der Kickers-Chef noch charmant formuliert. Denn dieses 0:1 am Nachmittag gegen den FSV Frankfurt hatte alle aus dem Lager der Blauen eiskalt erwischt. Natürlich ist es in der langen Geschichte des Vereins nur ein singuläres Ergebnis von so vielen, doch an diesem Jubiläumstag war es ein Stimmungskiller wie man ihn sich eindrücklicher nicht hätte vorstellen können. Es herrschte eine Art Schockstarre.
Da hatte die Mannschaft von Trainer Marco Wildersinn vor der stimmungsvollen Kulisse von 4680 Zuschauern im Gazi-Stadion das Spiel 45 Minuten lang komplett unter Kontrolle. Sie spielte einen gepflegten Ball und kam reihenweise zu guten Chancen, doch die Kugel brachte sie nicht über die Linie. Nach der Pause ging der Elan nach und nach verloren – und ab der 70. Minute folgte der absolute Filmriss.
In Überzahl geht gar nichts mehr
Ausgerechnet in Überzahl nach der Roten Karte für Frankfurts Gwangin Lee (nach einem Schlag ins Gesicht von Per Lockl) brachten die Blauen endgültig nichts mehr auf die Reihe. Die Ungenauigkeiten und Fehler häuften sich, es wurde wild und hektisch, nichts Konstruktives wollte mehr gelingen, auch von Herz und Leidenschaft war nichts zu spüren.
„Nach dem Platzverweis für den FSV haben wir alles über Bord geworfen. Wir hatten keinen Zugriff mehr im Gegenpressing. Wir waren unclever, haben doofe Sachen gemacht, keinen Fußball mehr gespielt und dann den Gegner auch noch zum Tor eingeladen“, sagte Wildersinn. Dieses Tor fiel in der 89. Minute nach einem Konter durch Sho Sannomiya.
„Das war peinlich“
„Das war peinlich, die Enttäuschung ist unfassbar groß“, suchte auch Innenverteidiger Brian Behrendt erst gar nicht nach Ausflüchten. Durch das Last-Minute-Gegentor hatten die Blauen – wenn schon vorne nichts geht – es nicht einmal geschafft, wenigstens einen Punkt zu holen. Damit hätten sie den Rückstand auf Tabellenführer Kickers Offenbach (2:4 bei Mainz 05 II) immerhin um einen Zähler verkürzt.
So aber rutschte der Vorjahres-Vizemeister auf Platz sechs ab. Und nach zwei Niederlagen in Folge stehen die Blauen vor dem Spiel am Samstag (14 Uhr) beim SGV Freiberg nicht nur unter Druck, es stellen sich auch Qualitätsfragen. Die habe man gegen den FSV in der Phase nach der Pause vermissen lassen, räumte Wildersinn ein. Doch auch über die Strecke der kompletten bisherigen Saison gesehen, stehen Fragezeichen hinter der Klasse des Teams.
Skenderovic ohne Impulse
Die mangelnde Durchschlagskraft – vom 5:1 gegen Steinbach abgesehen – zieht sich wie ein roter Faden durch den Rundenverlauf, die Nachverpflichtung Meris Skenderovic wirkt bei seinen Einsätzen wie ein Fremdkörper. Weshalb sich auch beim Festakt im Laufe des Samstagabends viele die Frage stellten: Reicht das Potenzial des Kaders am Ende nur zu einer Platzierung zwischen Rang vier und acht?