Die Opposition setzt Staatsminister Murawski zu – und das gefällt auch so manchem grünen Parteifreund.

Stuttgart - Am Mittwoch wollte die Opposition Klaus-Peter Murawski eigentlich stellen. Die FDP hatte eine Aktuelle Debatte im Landtag beantragt, um den Grünen-Staatsminister mit all den Fragen und Widersprüchen zu konfrontieren, die sich im Zusammenhang mit seiner Rolle beim Stuttgarter Klinikskandal auftun.

 

War er wirklich nicht ins Krisenmanagement seines Parteifreunds Andreas Braun eingebunden, als dieser mit der freihändigen Anwerbung reicher Patienten den Staatsanwaltschaft auf den Plan rief? Hat er Braun, der nun in Untersuchungshaft sitzt, nach Kenntnis der Ermittlungen wirklich nicht mehr kontaktiert?

„Alles frei erfunden“

Mit den Antworten muss sich die Opposition einstweilen gedulden. Denn die Vorwürfe haben Murawski offensichtlich zugesetzt: Dieser sei erkrankt und liege im Krankenhaus, teilte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag mit. Dem Vernehmen nach leidet er an Herz- und Kreislaufproblemen, auch unter Migräne. Die FDP wünschte ihm gute Besserung und bot daraufhin an, die Debatte zu verschieben. „Unsere Bewertung der dubiosen Vorgänge ändern wir nicht“, erklärte Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, aber natürlich solle Murawski die Chance haben, sich zu seinem Verhalten im Klinikskandal zu erklären.

Dass in Stuttgart gleichzeitig Gerüchte über einen bevorstehenden Rücktritt des 68-jährigen Franken kursieren, dürfte seine Genesung allerdings nicht gerade fördern. „Ich weiß nicht, wie solche Gerüchte entstehen, davon kann keine Rede sein“, versicherte Kretschmann am Dienstag und bekräftigte: „Er hat mein volles, mein uneingeschränktes Vertrauen.“ Alles, was in der Zeitung über Murawskis Rolle im Klinikskandal gestanden habe, sei „völlig frei erfunden“. Er, Kretschmann, gehe deshalb davon aus, dass sein Staatskanzleichef nach dessen Genesung wieder in die Villa Reitzenstein zurückkehre.

Eisiges Schweigen im Grünen-Vorstand

An der Grünen-Spitze im Land teilen allerdings nicht alle Kretschmanns Zuversicht, was Murawskis weiße Weste angeht. So soll zwar seine Staatssekretärin Theresa Schopper in der vergangenen Woche im Grünen-Landesvorstand eine Lanze für Murawski gebrochen und die Berichterstattung zur Hetzjagd erklärt haben. Doch die Runde habe ihre Ausführungen mit langem, eisigen Schweigen quittiert, heißt es.

Sogar Namen für Murawskis Nachfolge sind mittlerweile schon zu hören – allen voran der des kürzlich abgewählten Freiburger Grünen-Oberbürgermeisters Dieter Salomon. Kretschmann kennt ihn gut und schätzt ihn – und dass sich der 57-Jährige, wie er am Wahlabend angekündigt hatte, aufs Altenteil zurückzieht, glaubt ohnehin niemand, der ihn kennt.

Kommt jetzt Salomon?

Dennoch halten Beobachter der Szene die Personalie Salomon im Zusammenhang mit dem Staatsministerium für ziemlich abwegig. Das Alphatier gilt nun einmal nicht als der Typ für die zweite Reihe, wo Murawski – bei aller Dominanz – nun einmal steht. So dokumentieren die Gerüchte wohl eher die klammheimliche Freude mancher Weggefährten darüber, wie sehr der Staatskanzleichef politisch in Bedrängnis geraten ist. Denn der studierte Jurist und Philologe, der über ein hohes Selbst- und Sendungsbewusstsein verfügt, ist im Lauf seiner Karriere auch so manchem Parteifreund auf die Zehen getreten. Das lässt sich in seiner Position als Chef-Koordinator einer Staatskanzlei auch gar nicht vermeiden.

Murawski gilt als Zuchtmeister in der Regierung, der niemand neben sich duldet – außer natürlich Kretschmann. Umso mehr verwundert es Beobachter, dass ausgerechnet er, der frühere Klinikbürgermeister, über die zweifelhaften Vorgänge bei der Anwerbung ausländischer Patienten so wenig gewusst haben soll.