Die Gemeinderatsmehrheit attestiert OB Fritz Kuhn und den zuständigen Bürgermeistern schwere Versäumnisse in der Affäre um fragwürdige Geschäfte mit ausländischen Patienten. Die Verwaltung spricht von einem Dilemma und weist die Vorwürfe zurück.

Stuttgart - Die Aufarbeitung der fragwürdigen Geschäfte des Klinikums Stuttgart mit ausländischen Patienten ist am Donnerstag fortgesetzt worden. Rund zwei Stunden lang debattierte der Gemeinderat darüber, ob die Verwaltungsspitze bei der Verhinderung von Misswirtschaft und etwaiger Korruption schwer versagt und die falschen Konsequenzen gezogen hat.

 

Alle Fraktionen außer den Grünen warfen OB Fritz Kuhn (Grüne), Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU) und dessen Amtsvorgänger Werner Wölfle (Grüne) gravierende Versäumnisse vor. Der Gemeinderat sei im März 2016 zur Zustimmung über einen Aufhebungsvertragmit dem damaligen Klinikumsgeschäftsführer Ralf-Michael Schmitz bewogen worden, ohne dass er vollständig über dessen Rolle bei Geschäften mit Kuwait und Libyen informiert gewesen sei. Andernfalls hätte man Schmitz möglicherweise aus wichtigem Grund fristlos gekündigt. Tatsächlich habe man ihn via Aufhebungsvertrag mit einem „goldenen Handschlag“ (SPD-Fraktionschef Martin Körner) von 900 000 Euro verabschiedet. „Das ist ein Skandal“, so Körner. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sprach von einem „großen Vertrauensverlust“ zwischen Verwaltung und Gemeinderat.

Kuhn und Föll: „Wir waren in einem Dilemma“

Kuhn und Föll wiesen die Vorwürfe zurück und sprachen von einem „Dilemma“: Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung hätten zuvor gebeten, eine belastende Untersuchung des städtischen Rechnungsprüfungsamts nicht an Dritte weiterzugeben, um die laufenden Ermittlungen in der Affäre nicht zu gefährden. Kuhn sagte, man hätte sich sonst dem Vorwurf der Strafvereitelung und Begünstigung ausgesetzt. Föll erklärte, auch eine von der Stadt mit der Prüfung beauftragte Anwaltskanzlei habe damals keine ausreichenden Gründe für eine fristlose Entlassung gesehen. Mit dem Wissen von heute würde man anders entscheiden.

Die SPD kritisierte, dass die Stadt bis heute dienstliche E-Mails von Schmitz nicht ausgewertet habe. Die Ratsmehrheit entschied aber, die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Danach wollen Verwaltungsspitze und Gemeinderat die E-Mails sichten und entscheiden, ob man den Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten wird.