Die Bestsellerautorin schreibt düstere Thriller. Im jüngsten Roman „Perfect Day“ geht es um Mädchenmord. Warum der Abend trotzdem trotzdem überwiegend heiter war.

Kirschrot lackiertes Holz trifft auf dunkle Spiegel, Lampen im Art-Deco-Stil verbreiten gedämpftes Licht. Die Piano-Bar des Maritim-Hotels im Stuttgarter Westen ist ein echtes Kleinod und muss sich hinter den klassischen Hotelbars dieser Welt nicht verstecken. Wer hier sitzt, fühlt sich aus der Zeit und nach ein paar Cocktails vielleicht auch ein bisschen aus der Welt gefallen.

 

Am Sonntagabend blieb der Flügel zugedeckt. Im Rahmen der 13. Stuttgarter Kriminächte, die noch bis zum 1. April dauern, wurde die Bar zum literarischen Café umfunktioniert. Auf dem Podium: Die Autorin Romy Hausmann, die mit ihrer Familie „in einem abgeschiedenen Waldhaus in der Nähe von Stuttgart lebt“, so der Moderator Wolfgang Niess. Seitdem 2019 ihr Thriller-Debüt „Liebes Kind“ es aus dem Stand auf Platz eins der „Spiegel“-Bestseller-Liste schaffte, ist die Wahl-Schwäbin international im Geschäft. „Es läuft“, sagte sie am Sonntag. Und: „Ich genieße das sehr.“ Auch weil die 41-Jährige zehn Jahre lang Texte geschrieben hat, „die keiner lesen wollte“.

Prickelnd wie ein Champagnercocktail

Im Januar erschien ihr jüngster Roman „Perfect Day“, der im Mittelpunkt der Kriminächte stand. Der Inhalt – ein Mann hat neun Mädchen getötet, verdächtigt wird der Vater der Hauptfigur Ann – ist so düster wie das Genre, der Duktus der Leseproben oft getragen. Dennoch war die Stimmung im ausverkauften Saal prickelnd wie ein Champagnercocktail. Das lag daran, mit wie viel Selbstironie die Schriftstellerin ihre tägliche Arbeit schilderte. Die schließt Lesereisen ein bis ins ferne Norwegen, wo sie versucht habe, sich mit einem Satz in der Landessprache beliebt zu machen. Es ging ausgerechnet ums Abstand halten.

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Die Zuhörerinnen und Zuhörer in Stuttgart durften ihr nah kommen. Romy Hausmann verriet, dass sie eine sehr langsame Schreiberin ist, die manchmal einen Vormittag an einem Satz herumbastelt. Außerdem habe sie keinen ausgefeilten Plot, wenn sie mit dem Schreiben beginne. „Ich glaube daran, dass die Geschichten einen auch finden.“ Ihre Vorliebe, und insofern hat sie im Thriller wohl „ihr“ Genre gefunden, sind Passagen wie die „wir“-Kapitel im neuen Roman, bei dem der Leser nie genau weiß, wessen Perspektive abgebildet ist. „Stellen Sie es sich komplett irr vor“, bat sie das Publikum. Sie selbst habe beim Verfassen mal Klaus Kinski, mal Falco und seinen Hit „Jeanny“, mal Hannibal Lecter, den Bösewicht aus dem Klassiker „Das Schweigen der Lämmer“ im Kopf gehabt. „Das mochte ich sehr.“