Stuttgarter Mietspiegel Lage, Lage, Lage – was bei der Miete wie viel Aufpreis kostet

Allein um im Stadtteil Hoffeld bei Degerloch zu wohnen, sind Aufschläge zwischen 81 und 94 Cent je Quadratmeter drin. Foto: Archiv /Judith A. Sägesser

Wo und wie man wohnt, beeinflusst auch die Miete. Der Stuttgarter Mietspiegel nennt konkrete Euro- und Centbeträge für bestimmte Lagen und Ausstattungen.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Vermieter in Stuttgart-Hoffeld dürfen sich glücklich schätzen, vor allem wenn sie eine Bleibe westlich des Anna-Haag-Platzes anbieten. 94 Cent pro Quadratmeter ist allein die Lage wert. So viel dürfen sie auf die „ortsübliche Vergleichsmiete“ aufschlagen, somit sind für eine moderne 80-Quadratmeter-Wohnung in Hoffeld statt des Grundpreises von 9,18 Euro je Quadratmeter schon mehr als 10 Euro drin.

 

Das ist keine gegriffene Zahl, sondern amtlich – festgehalten im Mietspiegel für die Jahre 2021 und 2022. Liegen die Wohnung oder das Haus östlich des Anna-Haag-Platzes, sind immerhin noch 81 Cent Aufpreis je Quadratmeter drin, bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung wären das beispielsweise 81 Euro im Monat.

Diese Lagen sind einen Aufpreis wert

Lage, Lage, Lage – das ist ein Klischee gewordener Maklerspruch, wenn es um den Wert von Immobilien geht. Aber eben auch wirtschaftliche Realität. Die Stadtverwaltung hat es ausgerechnet, 2021 wurden erstmals konkrete Lagen bepreist – auf Grundlage einer alle zwei Jahre für den Mietspiegel durchgeführten repräsentativen Befragung, durchgeführt im April 2020.

Der Aufpreis für Wohnungen in Hoffeld ist real; wer ausgerechnet dort Mieten will, zahlt für die Lage im Schnitt besagte 81 bis 94 Cent mehr, zum Beispiel im Vergleich zum östlichen Teil Vaihingens. Für den ergaben die Analysen aus der Mietspiegelbefragung keinen statistisch signifikanten Aufpreis.

1,76 Aufpreis je Quadratmeter

Nun dürfen sich auch Vermieter in Plieningen, Sillenbuch, Botnang, Weilimdorf und Zazenhausen freuen, dass sie in ihren Wohnlagen mit Aufpreis vermieten können. Auch fast die komplette Innenstadt ist im Mietspiegel als Hochpreis-Wohnlage definiert, für die bis zu 1,76 Euro Aufpreis je Quadratmeter nicht nur verlangt werden dürfen, sondern durchschnittlich verlangt werden – der Mietspiegel speist sich, wie gesagt, aus konkreten Mieten für konkrete Wohnungen.

Bis 2020 waren nicht Euro- und Centbeträge für bestimmte Wohnlagen und auch Wohnungsausstattungen angegeben worden, sondern Punkte. Mit dem aktuell gültigen Mietspiegel stellte die Verwaltung das System um.

Welche Ausstattung wie viel kostet

Der Mietspiegel ist ein faszinierendes Dokument, das auf den Cent genau angibt, was bei einer Stuttgarter Wohnung wie viel durchschnittlichen Mietaufpreis kostet. Dusche mit niedrigem Einstieg: plus 48 Cent je Quadratmeter. Fußbodenheizung: plus 70 Cent. Elektrische Rollläden: plus 52 Cent.

Wenn jemand eine Wohnung mit allen in der Tabelle gezeigten Merkmalen vermietet, darf er einen Aufpreis von fast 3,60 Euro je Quadratmeter verlangen, also 360 Euro pro Monat mehr bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung. Liegt diese etwa in der Innenstadt, kommen noch einmal mindestens 71 Cent je Quadratmeter obendrauf. Das ist die Mieter-Realität in Stuttgart.

Handtuchwärmer als Beispiel

Die neue Berechnungsmethode ist seit zwei Jahren umstritten. Der Mietspiegel sei nicht nur eine Bestandsaufnahme für den Wert von Lagen und Ausstattungsmerkmalen, so die Kritiker. Vielmehr verenge er den Mehrwert auf einzelne Aspekte und ermögliche es Vermietern, die Mieten mit teils simplen Einbauten ganz legal nach oben zu treiben.

Als Beispiel wird immer wieder der Handtuchwärmer genutzt, der nicht nur ganz real 58 Cent mehr Miete einbringt – sondern es zudem seit vergangenem Jahr Vermietern ermöglicht, nach Einbau eines solchen Geräts die Miete um genau diesen Betrag zu steigern. Zumal der Abschlag für eine Wohnung mit Einzelöfen zum Heizen ebenfalls 58 Cent je Quadratmeter beträgt.

Die Verwaltung teilt die Kritik an der neuen Methode nicht. Sie „bietet höhere Rechtssicherheit, steigert die Qualität bei der Erstellung und wird inzwischen in beinahe allen qualifizierten Mietspiegeln der Großstädte angewendet“, sagt Mathias Fatke, ehemals im Stadtmessungsamt und seit einem Jahr Leiter des Statistischen Amts. Tobias Held vom Sachgebiet Wohnen und Umwelt sagt, das mit dem Handtuchwärmer sei eben das Ergebnis der städtischen Umfrage.

„Der Handtuchwärmer steht vermutlich stellvertretend für andere Merkmale einer Wohnung“, so Held, konkret: meist ein modernes Badezimmer. Natürlich bedeute das Auftauchen des Handtuchwärmers im Mietspiegel nicht, dass alle Mieter unbedingt genau so ein Gerät wollten – „sondern dass in Wohnungen mit dieser Ausstattung und einem auch sonst modernisierten Bad höhere Mieten durchgesetzt werden“, so Held.

Auch Mietabschläge sind möglich

Nun könnte man die im Mietspiegel angegebenen Aufpreise oder Abschläge auf Grundlage von Mieterpräferenzen gewichten. Oder den Handtuchwärmer zum Standard zu erklären, die Normalmiete erhöhen und einen Abschlag anzusetzen, wenn im Bad kein Handtuchwärmer vorhanden sind – was im Ergebnis aber auf das Gleiche herausliefe wie bisher. Man sehe zudem keinen Trend, dass Handtuchwärmer besonders häufig nachgerüstet würden, um die Miete in die Höhe zu treiben.

Die Wünsche der Mieterseite sind im Mietspiegel höchstens indirekt berücksichtigt. Das Datenwerk bildet schlicht ab, was vermietet wird. Das kann eine Lage sein, eine Wohnungsart, eine Größe und Beschaffenheit oder alles zusammen. Bestimmte sehr einfache Ausstattungen können auch zu Mietabschlägen führen, etwa wenn Teppichboden oder Linoleum statt Parkett verlegt sind:

In der Realität orientiert sich der Stuttgarter Wohnungsmarkt wegen des knappen Angebots allerdings nicht vornehmlich an den Vorlieben der Mieter. Viele von ihnen seien „auch entgegen ihrer Präferenzen oft froh, wenn sie überhaupt eine Wohnung bekommen“, so Tobias Held. Deshalb können fast alle Vermieter in Stuttgart froh sein: sie kriegen ihre Wohnung fast immer zu einem hohen Preis vermietet, auch wenn sie nicht in Hoffeld liegt oder keinen Handtuchwärmer hat.

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