Das Landgericht hat am Mittwoch den Streitparteien Stadt Stuttgart und Energie Baden-Württemberg den Rahmen für den Millionendeal aufgezeigt. Bis 14. Juli will es eine Entscheidung.
Stuttgart - Das Landgericht Stuttgart hat am Mittwoch in einem Gütetermin erstmals einen Preis für das Wassernetz in der Landeshauptstadt genannt. Die Kommune, die das Netz 2003 an die Energie Baden-Württemberg (EnBW) verkauft hatte, will es nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren und einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss zurückkaufen. Dafür sollten aus Sicht der Stadt 138,9 Millionen Euro ausreichen. Der Energiekonzern, dessen Tochter Netze BW die Anlagen hält, erwartete 626,3 Millionen Euro.
Nach Gesprächen, die auf den ersten Gütetermin von Dezember 2014 folgten, hatten sich die Parteien angenähert. EnBW erwarte nun 480 Millionen, die Stadt sei bereit, 190,3 Millionen zu bezahlen, zitierte Richter Bernd Schendzielorz am Mittwoch aus den Akten.
Gericht nennt schmalen Korridor
Der Vorschlag der 15. Zivilkammer erfordert von den beiden Streitparteien erhebliche Bewegung: „Wir stellen uns einen Korridor von 280 bis 290 Millionen Euro für das Netz vor“, sagte Schendzielorz nach dreieinhalb Stunden Verhandlung. Man versuche, eine „sachgerechte und faire Lösung herbeizuführen“, so der Richter, also eine „angemessene Vergütung“ auf der Grundlage des subjektiven Ertragswertes. Dabei ist die Rendite, die künftig erwirtschaftet werden könnte, entscheidend. Schendzielorz warnte beide Parteien vor den Folgen eines langjährigen Rechtsstreits. Damit würde ein „unwägbarer juristischer Weg“ eingeschlagen. Keine der beiden Positionen werde durch einen Gutachter voll bestätigt werden.
Schendzielorz betonte, dass der Rückkauf des Netzes auch eine politische Frage sei. „Es gibt das Netz nicht zum Nulltarif“, sagte er in Richtung von Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU). So sei zu fragen, ob man den Kaufpreis voll auf die Gebühren umlegen könne oder dafür „Geld aus dem städtischen Haushalt kommt“. Die Modalitäten für die Erhöhung des Wasserpreises sind bis 2020 durch einen Vergleich der EnBW mit der Landeskartellbehörde vorgegeben. Im Besitz der Stadt wäre Preisgestaltung allerdings nicht mehr dem Kartellrecht unterworfen.
Zeit bis zum 14. Juli
Bei der Preisfindung streiten sich EnBW und Stadt vor allem um Eigenkapitalverzinsung, um die Gesellschaftsform und damit die mögliche Anrechnung von Steuervorteilen, wenn die gewinnträchtige Netzgesellschaft in einen Querverbund mit defizitären städtischen Unternehmen (SSB) eingebracht würde, und um künftige Erträge durch die Einrechnung von Löschwasserkosten in den Wasserpreis. Der Vorschlag des Gerichts wird den Aufsichtsrat des Konzerns beschäftigen, sagte Geschäftsführer Christoph Müller. Bei der Stadt soll sich laut Föll der Gemeinderat mit den Zahlen beschäftigen, eine Beratungsfirma müsse zuvor testieren, dass der Kauf „wirtschaftlich darstellbar“ sei. Das Gericht will am 14. Juli Antworten hören.