Die Stadt Stuttgart soll die Mehrkosten beim Olgäle übernehmen. Der Finanzbürgermeister Michael Föll hält davon aber nichts.

Stuttgart - Die Entscheidung, über den städtischen Nachtragshaushalt erst am Donnerstag im Gemeinderat zu befinden, kam am Mittwoch einigermaßen überraschend. Gleiches gilt für den Beschluss zum Nachschlag für das defizitäre städtische Klinikum. Beide Themen waren im Verwaltungsausschuss in einer kontroversen Debatte verknüpft worden. So fordern SPD wie SÖS-Linke-Plus, das Klinikum unverzüglich finanziell zu entlasten; konkret soll die Stadt 23 Millionen Euro aus der Zusammenlegung von Olgahospital und Frauenklinik am neuen Standort beim Katharinenhospital übernehmen.

 

Dieser Betrag soll also nicht vom Klinikum selbst über teure Kredite finanziert werden, sondern aus der Stadtkasse, und zwar über den Nachtragshaushalt fürs laufende Jahr. Dieser ist überhaupt erst nötig geworden, weil die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen und für den Rosenstein-Straßentunnel aus dem Ruder gelaufen sind. Weil sie noch 200 Millionen Euro aus dem Vorjahr übrig hatte, entschied sich die Stadt außerdem, Projekte für 140 Millionen nicht mit Darlehen zu finanzieren, sondern bar zu bezahlen.

„Irgendwann kommt die Summe X“

Der Forderung von SPD und SÖS-Linke-Plus, das Klinikum mit dieser Art von Soforthilfe zu entlasten, steht der Wunsch der Grünen-Fraktion entgegen, die Finanzierungsdebatte erst in den anstehenden Beratungen für den Doppelhaushalt 2016/2017 zu führen. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) hält nichts von solchen Geschenken. Er präsentierte stattdessen überraschend einen „Vorschlag zur Güte“: Demnach könnten die 23 Millionen Euro bis 2016 über die Stadt vorfinanziert werden, so dass für das Klinikum auch keine Zinsen anfielen. „Aber irgendwann kommt diese Summe X“, bemerkte Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne). Das ist auch dem Kämmerer klar, da die geschlossenen Verträge zwischen Klinikum und Stadt „eh nicht eingehalten werden“.

Diskutiert und danach abgelehnt wurden Anträge von SPD sowie SÖS-Linke-Plus, im Nachtragshaushalt, quasi als Soforthilfe, eine Verbesserung der Betreuungsschlüssel in der Flüchtlingsunterbringung zu fixieren. Kostenpunkt: fürs laufende Jahr zwischen 295 000 und 790 000 Euro, in der Folge zwischen 1,6 und 4,3 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich. Das Verhältnis von einem Betreuer auf 136 Flüchtlinge müsse auf 1:120 verbessert werden, sagte SPD-Fraktionschef Martin Körner. Die Aussicht, die Debatte erst in den Etatberatungen zu führen und von der Verwaltung keinen Verbesserungsvorschlag serviert zu bekommen, sei unbefriedigend.

Der SPD-Antrag fand ebenso wenig Unterstützung wie der weitergehende von SÖS-Linke-Plus, die sogar ein Verhältnis von 1:100 für angemessen erachten. Für die Grünen warnte Jochen Stopper davor, die Aufregung der Träger zu ernst zu nehmen. Faktisch sei der Schlüssel heute schon besser als 1:136. Man sei  auch für Verbesserungen, wolle aber erst alle Zahlen und Vorschläge auf dem Tisch haben. Die Verwaltung habe aber noch nicht geliefert.

Lob für die Arbeit der Kämmerei

Zuvor hatte es von allen Seiten Lob für die Arbeit der Kämmerei gegeben. Der Jahresabschluss 2014 sei doch sehr positiv, mit 200 Millionen Euro flüssigen Mitteln erklärten sich die Fraktionen äußerst zufrieden. Martin Körner bewertete das Ergebnis sogar als „sehr, sehr gut“. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz erwähnte die vom Haus- und Grundbesitzerverein geforderte Grundsteuersenkung, worauf sogleich auch Matthias Oechsner (FDP) ansprang. Rose von Stein (Freie Wähler) sagte, es sei schon ein Ritual, dass das Ergebnis besser ausfalle als geplant. Föll könne deshalb „in dem einen oder anderen Fall großzügiger sein“. Stattdessen enge er aber den Handlungsspielraum des Gemeinderats ein.

Lothar Maier (AfD) warnte vor „Begehrlichkeiten“. Man müsse schon froh sein, mit einer schwarzen Null abzuschließen. „Wir können nicht aus dem Vollen schöpfen“, so sein Fazit. Föll widersprach Körner. Mehr als zufriedenstellend sei das Ergebnis – mit 158 Millionen Euro viermal niedriger als 2012 – sicher nicht. Strukturell seien jährliche Ergebnisse von 200 Millionen Euro nötig, um die wesentlichen Investitionen tätigen zu können. Er verwies zudem auf Sondereffekte wie die über den Erwartungen liegende LBBW-Dividende und eine einmalige Ausschüttung des Flughafengewinns, zusammen rund 23 Millionen Euro. Mit dem Nachtragshaushalt 2015 ist der Liquiditätsüberschuss aber bereits Geschichte.