Der späte Nachtfrost hat viele Obst- und Weinbauern hart getroffen – auch im Stuttgarter Norden. Wer gern regionale Produkte kauft, muss dieses Jahr für manches tiefer in die Tasche greifen.

Stuttgarter Norden - Einen derartigen Frost hat Fabian Rajtschan zu so später Jahreszeit noch nicht erlebt. „Das letzte Mal vielleicht 2011, aber damals floss die Kälte nach unten ab“, sagt der Feuerbacher Winzer. Und die habe bei weitem nicht so große Schäden verursacht, wie es jetzt der Fall ist. 50 Prozent der Triebe seiner Reben sind erfroren. Schlimmer hat es so manchen Obstbauern erwischt.

 

Nach einem überdurchschnittlich warmen und trockenen März, der viele frühe Sorten bereits zum Austreiben verleitet hat, hat der fiese Frost eben diese nun besonders kalt erwischt. „Der Lemberger und der St. Laurent waren schon weit ausgetrieben“, sagt Fabian Rajtschan. Die Hälfte seiner Reben habe Schaden genommen. Wie sich das im Herbst letztendlich auf den Ertrag und die Weinmenge genau auswirken wird, kann er noch nicht sagen. Doch er rechnet mit weniger. „Wenn es schlecht läuft, wird der Wein früher ausverkauft sein“, sagt der Wengerter. Existenzbedrohend seien die Einbußen nicht, „aber es trifft uns hart“, sagt Fabian Rajtschan. Gerade dieses Jahr habe man nämlich neue Rebanlagen angeschafft.

Nicht jeder kann Verluste auffangen

Schlimmer sieht es bei Obstbauern wie Christian Hörnle aus Weilimdorf aus. „Bei uns herrscht Schockstarre“, sagt der Chef des gleichnamigen Obsthofs. Sein Steinobst, darunter Aprikosen oder Kirschen, sei komplett hinüber. „Das genaue Ausmaß kann ich noch nicht beziffern, weil es immer noch kalt ist und die Vegetation stillsteht“, erklärt er. Doch seien die jungen Früchte nach der Blüte besonders empfindlich. Und seine Liste lässt sich fortführen: „Walnüsse gibt es gar nicht, unsere Stachelbeeren sind massiv beschädigt und das Kernobst ist zu 60 bis 80 Prozent kaputt.“

Hoffnung hegt Hörnle noch für seine Erdbeeren: „Alles was blühte, haben wir mit Vlies abgedeckt.“ Er rechnet damit, dass viele optisch verkrüppelt daherkommen werden. „Die schmecken zwar genauso gut, sind aufgrund des Aussehens eben nicht mehr erste Klasse und eignen sich dann nur noch für die Verarbeitung, etwa zu Marmelade.“ Unschön aussehende Erdbeeren möchte der Verbraucher nun mal nicht kaufen. Immerhin hat er seine Erdbeeren gegen Frostschäden versichert. „Für Baumkulturen gibt es in Deutschland bisher keine Versicherung“, sagt er.

Wengerter Fabian Rajtschan könnte sich gegen Frostschäden versichern, hat er aber nicht. Zu selten komme ein solcher Frost vor, wie man ihn jetzt hatte. Seine Hoffnung ruht nun auf dem Austrieb der sogenannten Beiaugen. Die Ersatzknospen treiben aus, wenn das Hauptauge – etwa durch Frost – zerstört wurde. „Da weiß man aber noch nicht, wie viel kommt“, erklärt Rajtschan. Doch in der Regel sind die Früchte weniger gehaltvoll.

Gemüse statt Obst essen

Über einen höheren Verkaufspreis des Weines lässt sich laut Rajtschan der Verlust nicht auffangen. Denn Verknappung mache nicht – wie etwa bei Erdöl – den Preis. „Dieser ist bei Wein relativ stabil und hängt von der Qualität und dem Geschmack ab“, erklärt der Weinbauer. Niemand kaufe ihm einen Wein für 20 Euro ab, wenn dieser nur fünf wert sei.

Beim Obst wird der Verbraucher in diesem Jahr vermutlich nicht nur für Regionales tiefer in die Tasche greifen müssen. „Es hat ja neben Baden-Württemberg auch ganz Mitteleuropa erwischt“, gibt Christian Hörnle zu bedenken. Er versucht daher, pragmatisch zu klingen. Wenn das Angebot an Obst niedriger sein wird und der Preis entsprechend höher, bleibe den Verbrauchern ja noch eine andere Möglichkeit: „Man muss eventuell mehr Gemüse essen in diesem Jahr.“

Denn das meiste Gemüse wird erst später im Freien ausgesät. Die Kälte hat jedoch den Frühkartoffeln zugesetzt. Wie groß der Schaden ist, wird sich bei der Ernte zeigen. Der Weilimdorfer Bauer Konrad Ritz hat noch versucht, seine Pflanzen zu retten und sie mit Folie abgedeckt. „Es war aber so kalt, es hat nicht gereicht“, sagt er. Ein Teil der Ernte sei zurückgeworfen worden, einiges gehe ihm wohl verloren.