150 Gäste feiern im Rathaus Schusters 75. Geburtstag. CDU-Innenminister Thomas Strobl würdigt den Einsatz des Parteifreunds für Stuttgart 21. Justizministerin Gentges und Nopper nutzen die Gelegenheit zur Positionierung beim Thema Flüchtlingsunterkünfte.
Die Stadt Stuttgart hat ihren langjährigen Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) am Donnerstag mit einem Festakt zu seinem 75. Geburtstag geehrt. Sein Nach-Nachfolger Frank Nopper bezeichnete ihn im Beisein von Ehrengästen aus Politik, Wirtschaft, Kirchen und konsularischen Korps sowie seiner drei Kinder nebst sieben Enkeln als „herausragende Persönlichkeit“. Er hob hervor, dass Schuster der einzige lebende Ehrenbürger der Landeshauptstadt sei, dem im Geburtsjahr der Currywurst sowie der Gründung der Bundesrepublik, der DDR und der Volksrepublik China der Gründe- und Innovationsgeist in die Wiege gelegt worden sei.
„Zunkunftsbauer“ Schuster
Nopper hob Schusters Stärke als „Zukunftsbauer“ hervor. Er sei „ein Mann des großen kommunalpolitischen Wurfs und Entwurfs, ein Mann der Konzeption, ein Mann der Vision“, sagte er über seinen Amtsvorgänger. Viele Schuster-Projekte und Schuster-Visionen seien zum Erfolg geworden. Nopper erinnerte an den Bau des Kunstmuseums auf dem Schlossplatz, die neue Stadtbibliothek am Mailänder Platz, die Einkaufszentren Gerber und Milaneo und neben vielem anderen auch an den Umzug der Messe vom Killesberg auf die Filder. „Schuster forcierte das Miteinander der Generationen und die kinderfreundliche Stadt. Die Integration von Migrantinnen und Migranten in die Stadtgesellschaft und in die Stadtverwaltung waren ihm ein wichtiges Anliegen. Er legte schon in einem sehr frühen Stadium ein Klimaschutzprogramm auf und er forcierte den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs“, bilanzierte Nopper weiter.
„Zukunft kann man bauen“: Wolfgang Schuster macht’s
Wenig überraschend sei deshalb der Wunsch des „Programmatikers Schuster“ gewesen, ein Kolloquium mit Experten zu den Zukunftsthemen Migration, Bildung, Mobilität und zur Zukunft der Städte zu organisieren. Mitunter schwere Kost, bilanzierte mancher Ehrengast im Nachhinein, aber nötig, um den Horizont zu erweitern. „Das Ziel muss sein, eine positive Narration für die jungen Generationen zu schaffen“, so Schuster, der alarmiert ist von einem schwindenden Vertrauen in den Rechtsstaat, vom Zuwachs rechter Parteien und der aktuellen Bedrohung der Demokratie.
150 Geburtstagsgäste im Rathaus
„Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – Zukunft kann man bauen“, heißt darum auch das Zitat des französischen Schriftsteller Antoine de Saint Exupéry, das auf Wunsch des Jubilars der Einladungskarte vorangestellt war. Gerichtet an seine gut 150 Gäste im Saal konkretisiert Schuster: „Krisen überwindet man nicht durch Lamentieren, sondern durch Gestalten der Zukunft.“ Und Schuster gestaltet und baut – Modulhäuser in Stuttgart zusammen mit dem Ingenieur Werner Sobek und weiter an einem gemeinsamen europäischen Haus.
Der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl (CDU) erinnerte an Schusters – in der Stadt umstrittenen – Einsatz für Stuttgart 21. Er habe das Bahnprojekt gegen hartnäckigen Widerstand und persönliche Angriffe verteidigt. Es komme der Tag, so Strobl, „an dem sehr viele sagen werden, er hat recht gehabt“. Schuster habe sich um Staat und Demokratie verdient gemacht. Strobl hob hervor, dass Schuster als „engagierter Demokrat die Kommunalpolitik des Landes maßgeblich mitgeprägt hat“. Als Stadtmacher habe er viel für Stuttgart getan – vieles, was von Dauer sein werde, so der Innenminister. Zwischendurch ertönte die Musik des hochkarätigen Trompeten-Quintetts der Stuttgarter Musikschule, bestehend aus Lukas Wiedmann, Valentin Marquard, Julie Wiedemann, Anna Wiedemann und Luka Meipariana.
OB Nopper spricht Klartext
Nopper hatte im Grußwort der Justizministerin Marion Gentges (CDU) zu verstehen gegeben, dass er in Stuttgart keine Landeserstaufnahmestelle (Lea) haben wolle. Aus seiner Sicht werde Migration „nur dann eine Zukunft haben, wenn wir sie vernünftig steuern, ordnen und begrenzen“. Er sei für eine Stadt der gelingenden Integration, die aber leistbar und organisierbar sein müsse und die Bürger nicht überfordere. Zu Gentges Plänen einer Landeserstaufnahmeeinrichtung sagte er: „Stuttgart dürfte in Baden-Württemberg zu den am wenigsten geeigneten Standorten für eine Landeserstaufnahmeeinrichtung gehören.“ Die Stadt habe nicht nur sowieso schon
viele Flüchtlingsunterkünfte. „Vielmehr dürfte sich auch die einzigartige Sog- und
Magnetwirkung Stuttgarts auf Flüchtlinge aus der ganzen Region, ja sogar aus dem ganzen Land gerade an den Wochenenden dadurch noch signifikant verstärken.“ Die Ministerin konterte mit dem Hinweis, zu wissen, dass sich die Begeisterung in der Landeshauptstadt für eine LEA in Grenzen halte. Sie sicherte lediglich zu, sorgfältig zu prüfen und den Interessen vor Ort Rechnung zu tragen.
Interessante Impulsvorträge
Gentges betonte, die Impulsvorträge von Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig und Vizepräsident des Deutschen Städtetags, zu den großen städtischen Fragen, von Klaus Vogt, Präsident der Stiftung Kolping-Bildungswerk Württemberg, zur Zukunft der Bildung sowie von Peter Middendorf, Prorektor und designierter Rektor der Universität Stuttgart sowie Leiter des Instituts für Flugzeugbau, zur Mobilität und Wissenschaft, lieferten „wichtige Zukunftsfragen, und es kommt darauf an, sie richtig zu beantworten“.