Viktor Schoner und sein Team stellen fest: Das Vergangene ist oft nicht vergangenen, sondern brauchbar fürs Hier und Jetzt. Für die Saison 2019/20 stehen jede Menge spannender Projekte auf dem Plan.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

Stuttgart - Im letzten Jahr bestritt der Generalmusikdirektor Cornelius Meister die Zwischenmusik bei der Jahrespressekonferenz mit Chopin, diesmal paraphrasierte er „Tristan“. Kein Zufall: Es soll programmatisch noch kompakter zugehen im zweiten Jahr unter dem Opernintendanten Viktor Schoner, und der GMD dirigiert eine Menge Gewichtiges selbst: „Tristan“ (mit Catherin Naglestad als Isolde) und „Lohengrin“ (mit Daniel Behle in der Titelrolle) als Wiederaufnahmen, dazu „Don Carlos“ und den mutmaßlich interessant mit Sciarrino gemixten Mascagni. „Elektra“ und „Zauberflöte“ kommen als Pensum hinzu; bei Mozart wechselt sich Meister ab mit dem noch viel jüngeren, aber schon überall eingesetzten Thomas Guggeis. Meister vermittelt, woran er als bildungsbürgerlicher Künstler glaubt: Vieles Vergangene ist längst nicht vergangen.

 

Augenfälliger noch als im Vorjahr ist die kluge dramaturgische Planung: Wie seinerzeit mit dem „Freischütz“, verbindet die „Traviata“ in der Regie von Ruth Berghaus eine alte, nicht antiquierte Sichtweise mit neuen Optiken, die, auffällig auch dies, im Inszenatorischen, stark von Frauen geprägt werden (am Pult wird man sich freuen können auf die estnische Dirigentin Kristiina Poska, demnächst Musikdirektorin in Basel). Es ist ein Spielplan, der gewissermaßen mit sich selber spricht: Experimentell (der Schubert/Zender-Abend), gewagt auch (in der Kombination Mussorgski/Newski) – und zumindest auf dem Papier (Vivaldi) schon einmal ein Versprechen. Dass zudem auch noch Wechselwirkungen mit der Jungen Oper gelingen, ist ein weiterer schöner Effekt. Nicht zufällig taucht die Minimal Music (gerade mit „Nixon in China“ wieder etabliert) im Nord wieder auf, diesmal in den Note von Phil Glass.

Eine Revolution steht ins Haus

Überhaupt kann die Junge Oper von allen guten Entwicklungen im Haus die wohl beste aufweisen: 20 000 Mal in der letzten Saison ist es dem Team um Elena Tzavara gelungen, einen Kontakt zwischen jungen Leuten und Musiktheater aufzubauen, der womöglich anhalten wird: Das ist eine Verdreifachung der Zahlen. Nebenbei: Es ist nicht unbedeutend, dass sowohl GMD wie Intendant und die Chefin der Jungen Oper Kinder haben – man muss da über sich hinausdenken.

Wie weit das gehen kann, verdeutlicht eine kleine Revolution: von der nächsten Spielzeit an dürfen Jugendliche bis 18 Jahre, die meist auf dem Dritten Rang sitzen, auf unbürokratischem Weg frei gelassene Parkettplätze in Anspruch nehmen, um noch ein bisschen näher an Szene und Musik rücken zu können. Vorbildlich.