Die neuesten Veröffentlichungen aus der Stuttgarter Popszene befassen sich mit der AfD-Chefin, Filmzitaten und Disketten-Beats. Außerdem haben wir eine ganz wunderbare Sängerin neu entdeckt. Mit Hörproben!

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Wir müssen mal wieder einen Überblick über die neusten Releases aus Stuttgart und beyond geben, denn sonst verlieren wir selbigen. Ist ziemlich viel rausgekommen in den letzten Wochen, von ausgewachsenen Alben bis zu bemerkenswerten Videos. Also, here we go:

 


Körpa Klauz, Album "Die Verhältnisse zum tanzen bringen"

Körpa Klauz ist nicht nur in der Street-Art-Szene, sondern auch im Reggae-Underground (von dem wir kürzlich dank Tokyo Tower einiges erfahren haben) gut am Start. Am Nordbahnhof hat er unlängst sein neues Album vorgestellt - eine überaus unterhaltsame, manchmal quatschkopfige Platte, die aber auch politisch kann ("Schieß die Petry auf den Mond / Das ist Raumfahrt, die sich lohnt"), Schwäbisch (dank MC-Bruddaal-Feature) und Europop ("Tanz den Aal"). Den "King of Graffiti" besingt er auch, wobei zuallererst das Manu-Chao-Zitat auffällt und später der Beat mehrmals kurz vorm Crashen ist. 

Das ist alles sehr im Stile der Neunziger gehalten, und wer so viel Buntes und die vielen Stilwechsel aushält, der könnte hier richtig sein. Außerdem gefällt uns das Cover ausgesprochen gut:

Wasi, Album "Lost Beats"

Das Wasi (einst Massive Töne) sein Festplatten- und Diskettenarchiv gesichtet und Beats aus dem Archiv rausgebracht hat, ist Lesern dieser Kolumne natürlich vollauf bewusst (hier gibt's das Interview zum Nachlesen). Seit dem vergangenen Donnerstag ist die Platte ausverkauft, wie Wasi auf Facebook mitgeteilt hat. 

Anna Who? - EP "Pale Pink Irony"

Die DIY-Szene hat ein Gender-Problem: da sind fast nur Männer. Anna Who? wagt einen Gegenentwurf und der hört sich gerade in seiner Home-Recording-haftigkeit überzeugend an. Die EP "Pale Pink Irony" ist in Rosa gehalten, darauf findet sich kein Bubblegum-Pop und auch kein auf sich selbst fokussierter Singer-Songwriter-Stil, sondern Lieder, die zwischen stil- und selbstsicher und dem etwa bei vielen Elefant-Records-Acts kultivierten Dilettantismus oszillieren. 

Man nimmt der Musikerin das auch deshalb ab, weil diese Wohnzimmeraufnahmen nicht das erste Stück Musik sind, das sie macht. Wir sind gespannt auf die angekündigten Livetermine im Herbst und halten Sie, liebe Leser, natürlich auf dem Laufenden. Und jetzt etwas Musik:

Schmutzki, Video und Album "Spackos Forever"

Anlässlich des neuen Schmutzki-Albums haben wir gelernt, dass die Drei im Kap gern die Letzten an der Theke sind und dass man sie jetzt getrost als Berufsmusiker bezeichnen kann. Musikalisch bleibt im Grunde alles beim Alten, nur dass Schmutzki jetzt noch ein bisschen expliziter klarstellen, für wen sie Musik machen - und für wen nicht. Jetzt gibt es eine Art "Hey Haters" II, nämlich wieder ein Close-Up der nassen und in dem Fall gänzlich nackten Musiker. Wenn das wirklich, wie der Clip suggeriert, in einem Bergsee gedreht wurde - Respekt. Ansonsten lädt das zweite Video zum neuen Album dazu ein, endlich mal in den Alpen eine Nacht durchzumachen und dann mit Lederkutte einen Berg zu erklimmen:

Éclat, 3D-Video zu "Bus, Bahn, Flugzeug"

Mittendrin statt nur dabei ist man im neuen Video von Éclat. Das hat man so noch nicht gar zu oft gesehen, und weil die Band recht expressiv performt, macht das Sich-Im-Kreis-Drehen auch richtig Spaß. Und "Bus, Bahn, Flugzeug" von der im Mai erschienenen EP ist schon ein potenzieller Indiepop-Hit (es wird eh mal wieder Zeit für Indiepop-Hits!):

Human Abfall, Video "Neu leben"

Wir haben hier nachvollziehbarerweise viele Human-Abfall-Fans unter unseren Lesern. Das neue Video der Combo zum Song "Neu leben" verfremdet mal wieder jeden Seheindruck; wir fahren mit der Modelleisenbahn, sehen den Sänger Flavio Bacon erst farbig (diesen Ausschnitt kennen wir irgendwoher!) und dann, schwarz-weiß, im Stile von Zwanziger-Jahre-Stummfilmen. Solche Bilder helfen dem unbeholfenen Hörer, das Subversive in dieser Musik erst richtig zu spüren. Also tanzt! 

Tristan Rêverb, Video "The End"

Spoiler: an dieser Stelle wird es im September erstmals eine Video-Weltpremiere geben. Wegen Bernd Begemann! Der hat sein komplettes Album verfilmen lassen. Aber halt kein Dutzend Spielfilme, sondern eher so arty Konzeptsachen, die schon cool aussehen, aber halt auch nicht so aufwendig sind. 

Begemann und die Schorndorfer Band Tristan Rêverb sind diesbezüglich jetzt Brüder im Geiste. "The End" aus dem Rêverb-Album "Senseless Presence" hat einen Loop als Musikvideo spendiert bekommen. Wir haben jetzt nicht nachrecherchiert, glauben der Band aber, dass die Plastiktüte aus "American Beatuy" kinoweltbekannt ist. Der Song lohnt sich eh, genauso wie das Album

Loose Suspense, EP-Trailer

Die Band Loose Suspense macht kompromisslos harte Gitarrenmusik und bringt demnächst eine EP raus. Wer die Band noch gar nicht kennt oder schonmal reinhören will, voilà:

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