Stuttgarter Psychologe im Gespräch Gibt es die perfekte Partnerschaft?

Gibt es die perfekte Partnerschaft? Und wie finde ich diese? Darüber haben wir mit dem Stuttgarter Psychologen Leon Schäfer gesprochen. Foto: Unsplash/Michael Fenton

Wie finde ich den perfekten Partner oder die perfekte Partnerin? Und gibt es die perfekte Partnerschaft überhaupt? Wir haben mit dem Stuttgarter Psychologen Leon Schäfer gesprochen.

Die einen haben ihn oder sie schon gefunden, andere sind noch auf der Suche nach dem perfekten Partner oder der perfekten Partnerin. Doch wann empfinden wir eine Partnerschaft eigentlich als perfekt? Und wie finden wir den perfekten Partner oder die perfekte Partnerin? Der Stuttgarter Psychologe Leon Schäfer gibt in unserem Interview Antworten.

 

Herr Schäfer, gibt es die perfekte Partnerschaft?

Natürlich gibt es die perfekte Partnerschaft! Die Frage ist daher: Was ist denn perfekt? Und darauf gibt es keine universelle Antwort. Jeder versteht unter „perfekt“ etwas anderes. Deshalb muss ich mich fragen: Was ist denn für mich die perfekte Partnerschaft? Und da gibt es ebenso viele Antworten wie es Menschen gibt. Für den einen ist die perfekte Partnerschaft eine, in der ein aktives Leben möglich ist, ein anderer findet, perfekt bedeutet auch mega harmonisch – ohne jeglichen Streit. Der nächste findet eine Partnerschaft ohne Differenzen super langweilig und empfindet es als „Aufgeben“, wenn in der Partnerschaft nicht jeder seine Meinung heftig vertritt. Und es gibt sicherlich so ein paar Punkte, die für viele Menschen wichtig sind, was Partnerschaft angeht.

Die wären?

Eine romantische Seite ist für die meisten wichtig, dann Wertschätzung und das Gefühl, vom anderen unterstützt zu werden. Das Gefühl, in der Partnerschaft sicher zu sein, aber auch Freiheiten zu leben. Darüber hinaus gibt es wahrscheinlich noch hunderte Punkte, die wichtig sein können. Und für manche ist die perfekte Partnerschaft auch einfach eine, in der optimal Steuern gespart werden. Was mich sehr überrascht hat, ist die Tatsache, dass solche Arrangements im Schnitt auch nicht glücklicher oder unglücklicher sind als die, die eine romantische Seite leben möchten.

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Was sind die größten Hürden einer solchen Partnerschaft?

Sicherlich ist die erste Hürde, wenn ich eine für mich „perfekte“ Partnerschaft leben möchte, mir darüber bewusst zu werden, was genau „perfekt“ für mich bedeutet. Wie soll mein Partner aussehen? Wie genau soll er denken? Soll der Partner aktiv leben oder doch lieber eine Couch-Potatoe sein? Soll er meine Persönlichkeitsmerkmale teilen oder soll mein Partner komplementäre Eigenschaften haben? Die zweite Hürde ist dann, diesen Partner auch zu finden. Und die dritte Hürde ist letztendlich, diese Partnerschaft mit Leben zu füllen. Das ist zum Teil harte Arbeit, weil uns das Leben nicht nur Konsens und nette Zeiten beschert.

Wie wissen wir, ob ein Partner oder eine Partnerin „perfekt“ zu uns passt?

Ob ein Partner perfekt zu mir passt, kann ich genau genommen nie wissen. Wir lernen Menschen – im Übrigen auch uns selbst – über die Zeit besser oder überhaupt kennen und werden über die Jahre Komponenten feststellen, die uns nicht gefallen. Auf der anderen Seite ist der „Perfect Fit“ mit 20 Jahren sicher ein ganz anderer, als wenn wir uns mit 50 Jahren betrachten. Beziehungen und Ansprüche an Beziehungen sind also im permanenten Fluss. In der Momentaufnahme wäre ein Ausdruck von „perfekt“ zum Beispiel, dass die Partner so miteinander glücklich sind, wie es eben ist. Ein weiteres Plus ist, wenn ich mit dem Partner über alles reden und Konflikte gemeinsam lösen kann. Für mich ist Wertschätzung und Respekt sehr wichtig für eine Beziehung auf Augenhöhe. Ich würde also sagen, dass eine Partnerschaft, die dies bietet, eine perfekte ist. Darüber hinaus sehe ich gemeinsame Werte, Prioritäten und Ziele als wichtig. Es ist schwierig, wenn einer der Partner Familie ganz oben in der Prioritäten-Liste hat und der andere zum Beispiel Freiheit.

Kann jeder Mensch den perfekten Partner oder die perfekte Partnerin finden?

Ich würde mal sagen: Ja! Auf der anderen Seite zeigt die Praxis aber auch, dass sich manche Menschen sehr schwer tun in einer Partnerschaft oder damit, einen Partner zu finden. Aus meiner Erfahrung sind es häufig Denkmuster, die der Partnerwahl im Weg stehen. Und vielleicht gibt es auch Menschen, die deshalb nicht gut in Partnerschaften „passen“. Dann geht es darum, diese Denkmuster zu verändern.

Und wie finden wir diesen Partner oder diese Partnerin? Welche Tipps haben Sie?

Solche Denkmuster, die mir im Weg stehen können, sind zum Beispiel Überzeugungen wie: „Meine Erwartungen müssen zu 100% erfüllt werden“. So ganz exakte Vorstellungen sind oft hinderlich. Ich möchte damit nicht sagen, dass wir Kompromisse eingehen sollen, aber es gibt durchaus Punkte, die sicher verhandelbar sind. Es ist wichtig, dass ich mir darüber im Klaren bin, was für mich die zentralen Punkte sind.

Es gibt Partnerschaften, die nach Jahren feststellen, dass sie inkompatibel sind, weil ein Partner Kinder möchte und der andere nicht. Das ist ein so zentraler Punkt, dass ein Verhandeln darüber schwierig ist. Ob ich jetzt als Hobby wandern gehe oder gerne verreise, ist aber eventuell nicht ganz so zentral. Menschen lernen wir da kennen, wo es Menschen gibt. Also gehen Sie hinaus und lernen Sie Menschen kennen. Oder nutzen Sie das Internet.

Ein letzter Tipp ist, sich nicht vom Sprichwort „Gegensätze ziehen sich an“ täuschen zu lassen. Das mag am Anfang vielleicht ganz interessant und abenteuerlich sein. Mit der Zeit verfliegt aber sehr schnell die Leichtigkeit in so einer Partnerschaft. Und die Statistik zeigt, dass diese Beziehungen sehr häufig scheitern.

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