Lokales: Matthias Ring (mri)


Doch während der Industrialisierung stiegen die Transportbedürfnisse, also machte man sich Gedanken über neue Verkehrswege. Schon 1901 plante man einen Durchgangsbahnhof mit Durchbruch am Kriegsberg, fünf Jahre später ein großes Oval, das den heutigen Planungen sehr nahe kommt. Schließlich entschied man sich für eine Verlegung des Kopfbahnhofs an die Schillerstraße, womit die Parkanlagen entzweit wurden und wegen der "Gleisharfe", wie "Romantiker" sagen würden, auch massiv in die Flanke eingegriffen wurde. 800 Bäume seien damals geopfert worden.

Vieles davon ist mehr oder weniger bekannt. Aber Christian von Holst hat in den anderthalb Jahren, in denen er die Archive durchforstete, auch Unbekanntes und Vergessenes, ja zum Teil "Geheimes" ans Licht gebracht. Verschiedene Pläne von Paul Bonatz etwa, die eine Untertunnelung seines Bahnhofs und eine große Parkstraße durch den Schlossgarten vorsahen, dazu ein gigantisches "Gauforum" auf der Uhlandshöhe. Für den Kunsthistoriker von Holst war Bonatz zwar kein Nazi, aber doch ein "williger Vollstrecker", der nach dem Krieg seine Parkstraße dann als "Parkway" andiente.

Doch zu alledem ist es nicht gekommen, auch nicht zum Projekt "Stuttgart 2000". Namhafte Architekten, darunter Günter Behnisch und der K-21-Kämpfer Roland Ostertag, schwebte 1965 das Konzept eines Durchgangsbahnhofs vor, das auf den frei werdenden Gleisflächen einen großen Regattasee vorsah. Und heute? Ist für Christian von Holst die Alternative zu Stuttgart21 ein "SSB 19, ein sanierter Sackbahnhof aus dem 19. Jahrhundert". Für das eigentlich grüne Projekt spreche vor allem, dass nach Jahrzehnten, in denen der Park 25 Hektar verloren hat, nun 20 Hektar rückgewonnen werden könnten.

Auf diesen Punkt brauchte der ehemalige Generalsekretär des Zentralverbands Deutsches Handwerk in seinen Bemerkungen also gar nicht mehr groß einzugehen. Hanns-Eberhard Schleyer, ein Schwabe in Berlin, meinte eher, dass die Wahrnehmung von außen nach wie vor nicht sehr positiv sei. Stuttgarts Innovationskraft werde verkannt, nun habe man die Chance zu zeigen, wozu die Stadt in der Lage sei, und sollte dies nach außen tragen. Er benutzte nicht direkt das "Unwort des Jahres", dennoch gibt es für ihn "keine wirkliche Alternative" und mahnte am Ende: Wenn es nicht gelinge, ein solches Vorhaben umzusetzen, "dann weiß ich nicht, wie wir unsere Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit in Deutschland in jeder Hinsicht aufrechterhalten sollen".