Schülerinnen und Schüler des Albertus-Magnus-Gymnasiums untersuchen im Rahmen des Projekts „Plastic Pirates“ den Neckar. Die Ergebnisse fließen in eine Forschungsinitiative mehrerer Länder.

Stuttgart - Wer genau hinschaut, sieht am Mittwochnachmittag in Stuttgart-Mühlhausen zwei große Plastikflaschen unter dem Max-Eyth-Steg im Neckar treiben. Was zunächst nach Umweltverschmutzung aussieht, ist jedoch genau das Gegenteil. An den Flaschen hängt nämlich ein Netz, das den treibenden Müll auffängt. Nach einer Stunde im Wasser ziehen Schülerinnen und Schüler des Albertus-Magnus-Gymnasiums das Netz an einem Seil wieder nach oben, untersuchen und sortieren ihre Fundstücke.

 

Die 18 Schülerinnen und Schüler der ersten Kursstufe behandeln in Geografie das Thema Nachhaltigkeit. Derzeit lernen sie etwas über den Zustand der Gewässer. Dass es um diese nicht gut bestellt ist, will ihnen ihr Lehrer Tobias Waldner vor Ort veranschaulichen. „Die Verschmutzung fängt vor der Haustür an“, sagt er. Er beobachtet bei seinen Schülern ein wachsendes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen und nimmt mit seinem Geografie-Kurs auch deshalb an der Aktion „Plastic Pirates“ teil. Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Aktion des deutschen Bildungsministeriums mit seinen portugiesischen und slowenischen Pendants. Die drei Länder starteten das Projekt im Rahmen ihrer Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union im vergangenen Herbst. Der erste Aktionszeitraum lief daher ebenfalls zu diesem Zeitpunkt. Der zweite hat am 1. Mai begonnen und endet am 30. Juni. In Deutschland läuft die Initiative unter dem Namen „Plastikpiraten“ schon seit 2016. Anmelden können sich nicht nur Schulen, sondern generell Jugendgruppen mit mindestens vier Personen.

Deutschlandweit sind es 121 Gruppen

Die Teilnehmenden bekommen ein Aktionsheft mit Anleitungen und das Netz zugeschickt – dann kann es losgehen. „Je mehr Daten gesammelt werden, desto bessere Erkenntnisse über unsere Gewässer gewinnen wir“, sagt Anastasia Schmaljuk, Sprecherin der Aktion. Aus dem Stuttgarter Raum liegen neben dem Albertus-Magnus-Gymnasium noch zwei weitere Anmeldungen vor. Deutschlandweit sind es 121 Gruppen. Die Teilnehmenden veröffentlichen ihre Ergebnisse auf der „Plastic Pirates“-Website. Auf einer digitalen Europakarte lassen sich diese dann einsehen und vergleichen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der drei Länder untersuchen die Ergebnisse ebenfalls im Rahmen einer Begleitstudie. „Uns geht es vor allem darum, Forschung greifbar zu machen“, sagt Schmaljuk. Das Labor befindet sich in diesem Fall vor der Haustüre, die Teilnehmenden können sich den Ort selbst aussuchen. Infrage kommt jedes Fließgewässer.

Tobias Waldner hat für seine Kurse bewusst den Neckar gewählt. Mit diesem Kurs untersucht er die Verhältnisse in der Nähe eines Freizeitgeländes wie des Gebiets rund um den Max-Eyth-See. Mit einem anderen Kurs will er nach den Pfingstferien in die Nähe eines Industriegeländes gehen, um dort die Auswirkungen zu prüfen. Denn ein besonderes Augenmerk liegt bei den „Plastic Pirates“ auf Mikroplastikpartikeln, die zum Beispiel durch den Abrieb von Autoreifen entstehen.

Die Schülerinnen und Schüler sind am Mittwoch nicht nur auf dem Max-Eyth-Steg mit dem Netz zugange. In Gruppen unterteilt sammeln sie am Flussufer Müll und sortieren ihn, sie messen die Fließgeschwindigkeit des Neckars, suchen nach Müllquellen oder überlegen, ob das Wetter Einfluss auf die Ergebnisse hat. „Eine coole Idee“, fassen zwei Schülerinnen die Aktion zusammen. Im Herbst gehen die „Plastic Pirates“ in die dritte Runde.