Auf dem Schlossplatz und in der direkten Umgebung soll es in der Silvesternacht mehr Sicherheit für die Besucher geben. Feuerwerkskörper werden verboten. Eine Mehrheit der Stadträte begrüßt das neue Konzept. Aber es gibt auch fundamentalen Widerspruch.

Stuttgart - Lichtershow und Jazz statt Böller und Raketen, friedliches Familienfest anstatt Querschüssen von angetrunkenen Jugendlichen und grapschender Männer: Die Stadt Stuttgart will zum Jahreswechsel diesmal für andere Verhältnisse auf dem Schlossplatz sorgen. Und jetzt kann sie ernst machen. Am Mittwoch hat der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats das von OB Fritz Kuhn (Grüne) präsentierte Konzept mit 14 Ja-Stimmen gutgeheißen. Das Gremium bewilligte auch 513 000 Euro für eine Silvesterveranstaltung. Die Stadt bekommt damit die Möglichkeit, Böller und Raketen auf dem Schlossplatz zu verbieten – und die Polizei darf zum Schutz der Veranstaltung dann auch im nahen Umfeld das Verbot durchsetzen. Die CDU und die Freien Wähler allerdings sorgten für sechs Gegenstimmen, und CDU-Fraktionschef Alexander Kotz ließ kein gutes Haar an Kuhns Vorstoß.

 

Der OB hatte den Geldwunsch damit begründet, dass es für die Polizei trotz großem Aufgebot am Silvesterabend „immer schwieriger wird“, die Gefährdung von Menschen zu verhindern, das Abfeuern von Raketen in die Menschenmenge und ungezügeltes Feiern von alkoholisierten Jugendlichen zu unterbinden. In den vergangenen Jahren seien immer wieder Menschen durch Böller verletzt worden. „Deshalb wollen wir eine sichere Silvesterfeier im Herzen der Stadt auf die Beine stellen, die ein friedliches Fest für die Bürgerinnen und Bürger ermöglicht“, erklärte Kuhn. Das ganz Stadtzentrum könne man nicht zur Böllerverbotszone erklären. Das sei nur in Altstädten mit vielen Fachwerkhäusern möglich. Daher der Gedanke, eine schutzwürdige Veranstaltung auszurufen.

Jazz, Comedy und Lichtershow – und der Eintritt ist gratis

Nachdem im Oktober Klagen laut geworden waren, dass die Stadt zu spät dran sei, kam nun eine Beschlussvorlage auf den Tisch, in der das Vorhaben skizziert ist. Es soll ab 21.30 Uhr Jazzmusik geben, eine Multimedia-Lichtershow, Comedy, Trommelkunst und – um die Minuten des Jahreswechsels herum – erneut eine Illumination, ehe um 23.59 Uhr die Lichter auf dem Platz vorübergehend ausgehen. Die Fläche biete bis zu 14 000 Besuchern Platz, denen die städtische Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart alkoholfreie Getränke, „leichte Alkoholika“ wie Sekt und kleine Snacks anbieten lassen will. Der Eintritt ist gratis.

Die Verwaltung erarbeitete das Sicherheitskonzept in Abstimmung mit der Polizei. Es sieht einen mit verhältnismäßig niedrigen Zäunen abgesperrten und von der Polizei kontrollierten Sicherheitsbereich vor, der nicht nur den eigentlichen Schlossplatz umfasst, sondern auch Abschnitte der Planie, der Königstraße, der Bolzstraße, der Stauffenbergstraße sowie die Treppenanlage und Teile des Plateaus des Kleinen Schlossplatzes. Innerhalb des Sicherheitsbereiches liegt der eigentliche Veranstaltungsbereich vor dem Neuen Schloss, der ähnlich aussehen wird wie bei der Jazz-open-Veranstaltung und mit höheren Zäunen eingefasst ist. Hier kontrolliert ein Sicherheitsdienst. Überall werden Feuerwerkskörper verboten sein.

Grundlage sei das Polizeigesetz, das ein Verbot bei besonderen Gefährdungslagen möglich mache, erklärte die Stadtverwaltung. Das Amt für öffentliche Ordnung werde eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen. Das Verbot wird in der Zeit vom 31. Dezember, 20 Uhr, bis zum 1. Januar, 7 Uhr, gelten und von der Polizei überwacht.

Die CDU hält von den Plänen gar nichts

Die CDU übte daran Fundamentalkritik. Man halte nichts von Feuerwerkverboten. Erst werde es für den Schlossplatz geplant, irgendwann für die ganze Stadt. Da gehe es aber um „ein deutsches Traditionsthema“. „Vorglühende“ Besucher könne man nicht fern halten, falls doch, werde es Verdrängungseffekte geben. Die Vorbereitungszeit sei zu kurz, ein gutes Programm kaum machbar. Die Polizei habe es bisher immer hingekriegt, ohne dass so eine teure Veranstaltung den Einsatz erleichtert. Notfalls müsse sie eingreifen, dafür gebe es gesetzliche Grundlagen. Michael Schrade (Freie Wähler) meinte auch, die Summe sei hoch. Man könne sie anderswo nachhaltiger einsetzen, statt sie für eine Veranstaltung von ein paar Stunden zu verpulvern.

Kuhn hielt Kotz entgegen, er argumentiere „ein bisschen simpel“. Und Widerspruch erntete der CDU-Fraktionschef auch von anderen Fraktionen. Der CDU sei offenbar egal, dass in den vergangenen Jahren Menschen auf dem Schlossplatz „richtig Angst hatten“, sagte Martin Körner (SPD). Die CDU bemühe sich nicht einmal um eine Alternative zu Kuhns „pragmatischem Vorschlag“, den Menschen an Silvester auf dem Schlossplatz wieder Sicherheit zu schaffen. Im privaten Bereich, so der Hinweis an Kotz, sei Böllern ja weiter erlaubt. Hannes Rockenbauch (SÖS) meinte, die Zeit sei kurz, aber man solle den Plan umsetzen und für die Silvesterparty 2020 lernen. Ihm geht es besonders um Feinstaubreduzierung. Ob man späteren Generationen in der Klimakatastrophe einmal erklären solle, dass der Schutz der deutschen Tradition 2019 keinen Klimaschutz zuließ, fragte er Kotz. OB Kuhn sieht die Vorzeichen ein wenig anders: Ein gutes Signal seien die Pläne „fast mehr in Sachen Sicherheit als in Sachen Feinstaub“, sagte er.

Einen Kuhn-Auftritt soll es auch geben

Matthias Oechsner (FDP) und Christian Walter (Junge Liste) plädierten auch dafür, jetzt mehr Schutz zu ermöglichen. Gabriele Nuber-Schöllhammer (Grüne) fand den „neuen Ansatz“ begrüßenswert, weil an Silvester auch Familien mit Kindern sicher feiern wollten.

Am Ende konterte der OB noch die ironische Anregung von Alexander Kotz, dass man mit der Veranstaltung eine Neujahrsansprache von Kuhn verbinden könne. Dazu könne er sage, so der OB, dass es tatsächlich eine Kuhn’sche Beteiligung geben solle. Allerdings die von Dominik Kuhn, Künstlername Dodokay. Er ist von der mit der Organisation betrauten Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart wohl für den Comedy-Part ausgewählt.