In Zeiten von Greta rückt das heimische Wild wieder in den Fokus der Fleischliebhaber. Ein regionales Produkt, frei von Massentierhaltung und ohne Antibiotika oder Nahrungszusätze aufgewachsen. Im Ministerium erkennt man „ganz klar eine verstärkte Nachfrage“.

Stuttgart - Entspannt sitzt Erik Metzger auf einer Eckbank in der Krone in Waldenbuch. Vor drei Jahren hat er hier als jüngster Koch in Deutschland einen Stern erkocht, mit dem er sich auch aktuell schmücken darf. Hier, in einem Restaurant mitten im Schönbuch gab’s schon immer Wild auf der Karte, aber dennoch erkennt der junge Mann eine Veränderung. Die Nachfrage steigt. „Als ich kürzlich einen Wildschwein-Sauerbraten im Mittagstisch hatte, war der ruckzuck weg.“

 

Wild ist im Trend. Was natürlich mit der Diskussion um den Klimawandel zusammenhängt. Fleisch ist angesichts von Massentierhaltung in einem schlechten Licht, für die Rinderzucht werden in Südamerika die Wälder abgeholzt und Soja angebaut, und Rinder sind durch ihren Methanausstoß an sich ja Klimakiller. „Das ist nun einfach viel mehr ein Thema“, sagt Erik Metzger, „man muss doch nur in die Theken der Discounter schauen, auch dort gibt’s inzwischen Wild.“

Der Minister spricht von Super-Food

Wie sehr dieses spezielle Fleisch ins Bewusstsein gerückt ist, belegt auch die neueste Werbe-Kampagne von Forstminister Peter Hauk: Im Radio laufen nun Spots, die die Vorteile von Wild anpreisen. „Das Bewusstsein des Verbrauchers geht klar in Richtung Regionalität und Nachhaltigkeit“, sagt Hauk – und zählt die Vorteile von heimischem Wild auf: Dieses wachse absolut artgerecht und selbstbestimmt auf, erfahre keine Transporte oder Schlachtstress, sei frei von Medikamenten. Fettarm, mit hohem Eiweißgehalt und hohen Omega-3-Fettsäuren und Mineralstoffen sei das Fleisch zudem, und damit so etwas wie ein Super-Food.

Beim Ministerium sieht man in jedem Fall einen deutlichen Aufwärtstrend, an der Ladentheke aber auch. Wild-Experte André Dangelser, der mit seiner Firma Gastrofresh auch an Endverbraucher verkauft, sagt: „Wir steigern beim Wild jedes Jahr den Umsatz, das ist definitiv die Produktgruppe mit dem meisten Potenzial.“ Für ihn ebenfalls kein Wunder, auch er lobt das cholesterinarme Fleisch, zu „essen, was halt in der Natur aufwächst“.

Wobei er gleich eine Einschränkung macht: Gerade beim Rotwild müsse man aufpassen: Oft komme dieses Produkt aus Neuseeland. Hier komme natürlich der Aspekt des Transportweges dazu, zudem sei das Fleisch nicht so gut, seiner Ansicht nach zu weich, weil die Tiere dort in Gehegen aufwachsen.

Wild muss heutzutage nicht mehr eingelegt werden

Für Gunther Ludwig von der Firma Kustermann in der Markthalle, absolute Koryphäe in Sachen Wild, ist der Trend zu mehr Wild schwer zu belegen, denn man habe dieses Produkt halt nicht unbegrenzt. Er nehme deshalb auch keine Vorbestellungen an und wenn es mal statt der geplanten 100 Rehrücken von den Jägern nur 50 gibt, dann müsse er eben „mit keifenden Frauen“ in der Markthalle rechnen. Für ihn ist noch ein weiterer Punkt beim Wild wichtig: Die Tiere müssten bei der normalen Jagd geschossen sein. Denn bei einer Treibjagd erlegte Wildschweine zum Beispiel hätten zuvor so viele Stresshormone ausgeschüttet, dass das Fleisch fast ungenießbar sei. Ganz grundsätzlich will er aber mit dem Vorurteil aufräumen, dass Wild einen zu intensiven und strengen Geschmack habe. Früher sei das der Fall gewesen, „aber heute muss man Wild nicht mehr vorher beizen, damit es genießbar wird“.

In diese Kerbe schlägt auch der Minister, dieses Vorurteil habe sich offenbar in den Köpfen festgesetzt. Durch die Wildbrethygiene und entsprechende Kühlmöglichkeiten sei das heute viel besser. Der heutige Jäger, sagt Hauk, sei bestens in Lebensmittelhygiene ausgebildet. Zudem durchlaufe das erlegte Wild immer eine ordentliche Fleischbeschau, weshalb der Kauf unbedenklich sei.

Für die Kunden, die nicht nur regional, sondern auch günstig einkaufen wollen, wird der Fall allerdings schwierig. Fachhändler und Metzger bieten natürlich Wild an, im Internet finden sich auch Direktvermarkter, also spezialisierte Zwischenhändler. Wer direkt beim Förster kaufen will, muss sich direkt an die Forstreviere wenden. Künftig läuft alles über ForstBW, auf deren Homepage man auch die entsprechenden Reviere findet.