In einem offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann schlägt Kay Johannsen, Kantor der Stuttgarter Stiftskirche, einen flexibleren Umgang mit den ersten Lockerungsbeschlüssen vor.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Stuttgart - Die starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der bürgerlichen Freiheitsrechte in Coronazeiten werden von den christlichen Glaubensgemeinden im Land akzeptiert. Doch nun, angesichts der ersten Lockerungsschritte, verkündet an diesem Mittwoch, kommt von deren Seite Kritik auf, da die gemeinsame Ausübung der Religion davon ausgenommen ist.. „Unsere Verantwortlichen können mit Menschenansammlungen umgehen. Für die Einhaltung von Hygienestandards und Abständen können wir sorgen. Wenn es sein muss, feiern wir mehrere Gottesdienste hintereinander für jeweils eine begrenzte Anzahl von namentlich angemeldeten Personen“, schreibt Stiftskantor Kay Johannsen in einem offenen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Und der Kirchenmusikdirektor ergänzt: „Wir alle haben jetzt schon wochenlang gelernt, auf was wir achten müssen, um die Gefahr von Ansteckungen zu bannen. Unsere Demokratie lebt davon, dass wir alle verantwortlich sind für kluges Handeln auch in Krisenzeiten. Was sich mir nicht erschließt, ist ein Verbot von jeglichen Versammlungen in einer Kirche. Wir können ohne Problem Regelungen treffen, damit genügend Abstand gewahrt bleibt.“

 

Eine nicht vorstellbare Passions- und Osterzeit

Johannsen geht es dabei nicht nur um kirchliche Aktivitäten im engeren Sinne: „Für viele Menschen sind Chorgemeinschaften ihre eigentliche Familie. Sie kommen leichter durchs Leben, wenn sie jede Woche Gleichgesinnte treffen. Wenn nötig, proben wir in kleineren Gruppen und mit mehr Abstand.“

Die Unterstützung für Musiker kommt nicht an

Da schließt sich für Johannsen auch ein gesellschaftlicher Kreislauf: „Wenn möglichst ab Anfang Mai zusammen mit Gottesdiensten auch wieder Musikveranstaltungen, mit welchen Beschränkungen auch immer, möglich sind, können auch die vielen freiberuflichen Musikerinnen und Musiker wieder etwas verdienen, die unsere Kultur im ganzen Land prägen und denen so viele Menschen schon begeistert in Konzerten zugejubelt haben.“

Zur Not nuschelnd singen

Was da alles möglich wäre aktuell an Darbietungsmöglichkeiten, beschreibt Johannsen so: „Wenn nötig, singen wir unsere Lieder mit Atemmasken – der liebe Gott versteht bereits schwäbisch, er wird auch genuscheltes Singen ertragen.“