Das nächtelange Ausharren nach der US-Wahl ein Ende. Auch in Stuttgart freuen sich viele Amerikaner und Deutsche über den Sieg des Demokraten Joe Biden über Amtsinhaber Donald Trump und sind erleichtert.

Stuttgart - Der Amerikaner Hatteras Hoops lebt seit 2012 in Stuttgart. Er saß zur Ergebnisverkündung am Samstagnachmittag deutscher Zeit mit seiner Familie und Freunden im Wohnzimmer. Nach dem tagelangen Wahlkrimi hätten sie damit gerechnet, dass Biden Präsident wird. „Wir haben vorgefeiert“, erzählt Hoops. Auch für die Englischlehrerin Cindy Halbert-Seger war die Verkündung von Bidens Sieg durch den amerikanischen Sender CNN eine enorme Erleichterung. Sie habe tief aufgeatmet und sich gedacht: „Gott sei Dank, dass dieser Albtraum vorbei ist!“ Dass Trump seine Niederlage nicht anerkennt, habe Hoops nicht überrascht, aber unruhig gestimmt. „Bis ich am nächsten Morgen die Stellungnahme des Biden-Teams gesehen habe, war ich nervös und angespannt“, sagt Hoops.

 

Elena Fort, eine US-Amerikanerin, die seit 2016 in Stuttgart lebt und als selbstständige Englischlehrerin tätig ist, meint: „Das ist das Etikett eines diktatorischen Präsidenten, der vor allem Angst machen will“. Ähnlich die Amerikanerin Cindy Halbert-Seger, die durch ein NATO-Stipendium nach Stuttgart gekommen ist: „Trump stellt alles in Frage, was wir bisher gekannt haben. Nichts gilt mehr. Das verursacht sehr viel Chaos und Misstrauen.“

Begeisterung über schwarze Frau in Führungsrolle

Die meisten Amerikaner in Stuttgart haben nach der Verkündung von Bidens Sieg gespannt auf seine Amtsantrittsrede gewartet. „Es war erfrischend zu sehen, wie sich die Rede eines Präsidenten anhört!“, erzählt Hoops. Dass mit Kamala Harris eine schwarze Frau als Vize-Präsidentin an seiner Seite steht, finden die Stuttgarter Amerikaner wunderbar. „Wir brauchen mehr Leute, die die Diversität zeigen“, meint Halbert-Seger.

Pedro Jimenez, der in Chicago aufgewachsen ist und vor 17 Jahren bei einem College-Austausch seine heutige deutsche Frau kennengelernt hat, sieht in Kamala Harris ein gutes Vorbild. Er ist selbst eine Person of Colour. „Die Tatsache, dass sie dunkelhäutig ist, spielt ihr politisch in die Karten“, so Jimenez.

Der Amerikaner Hoops wünsche sich, dass seine Tochter sich bestärkt fühle, eine Frau als Vize-Präsidentin erleben zu können. „Es war schön zu sehen, wie meine zwei Kinder positiv über Harris geredet haben, wie sie das Gute in den neu gewählten Führungspersonen sehen!“, erzählt er.

Deutsche junge Erwachsene freuen sich über neuen Kurs

Bei deutschen jungen Erwachsenen sorgt der neue Kurswechsel für Erleichterung. Ecka-Marisa Günther, eine junge Stuttgarterin hofft, dass sich mit Biden als Präsident die Außenbeziehungen wieder verbessern werden. „Trump hat nicht nur die Spaltung innerhalb der USA, sondern auch die zwischen den USA und Europa verstärkt. Mit Biden im Amt hat man definitiv mehr Hoffnung, wieder auf einen gemeinsamen Kurs zu kommen“, so die 23-Jährige. Dennoch wendet sie ein, dass auch Biden kein Allheilmittel sei: „Die Wahl war ja nicht unbedingt eine Pro-Biden-Wahl, sondern eher eine Anti-Trump-Wahl. Es ging darum, für die nächsten vier Jahre Schlimmeres zu verhindern“. Auch sie freut sich über Kamala Harris. Sie findet es zwar erschreckend, dass es für Frauen im Jahr 2020 immer noch „erste Male“ gibt. Aber diese Wahl sei ein Zeichen dafür, dass die USA auf dem richtigen Weg seien.

Ähnlich Constanze Layher aus Besigheim (Kreis Ludwigsburg): „Eine Frau an der Spitze der Regierung hat es in den USA noch nicht gegeben, während das für uns Deutsche schon selbstverständlich ist. Ich denke für die USA ist das ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“, so die 24-jährige Studentin.

Bevölkerung wieder zu vereinen keine nächtliche Angelegenheit

Jeder der amerikanischen Interviewten hat Biden gewählt, sie spiegeln somit nur etwa die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung wider. Cindy Halbert-Seger fasst die Schlagwörter der Zukunft zusammen: Kompromisse, Toleranz und Respekt. „Die Amerikaner sind müde, sich diese Respektlosigkeiten anzuhören. Wir können nur durch gemeinsames Handeln vorwärts kommen. Und ich glaube die Mehrheit der Amerikaner sieht das auch so“, meint die Englischlehrerin.

Laut Jimenez hätte das Ergebnis nie so knapp ausfallen dürfen. „Wir können nicht so naiv sein, zu glauben, dass mit dem Wahlergebnis alles getan ist“. sagt er. Und er in blickt schon die Zukunft: „Die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt!“