Stuttgarter Stadträte üben Kritik an den Stromrebellen EWS. „Eine gewisse Säuernis ist im Gemeinderat zu beobachten“, sagt der SPD-Energieexperte Manfred Kanzleiter. Ärger gibt es auch mit dem zweiten Partner EnBW.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die Mitteilung des Bundeskartellamtes, dass die Vergabe des Strom- und Gasnetzes an die Stadtwerke Stuttgart und die EnBW korrekt verlaufen sei (die StZ berichtete), hat am Dienstag in weiten Teilen des Gemeinderates für Freude und Erleichterung gesorgt. Einzig der SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch übte Kritik. Er hält die Vergabe immer noch für falsch. Und er rügt OB Fritz Kuhn (Grüne), weil dieser dem Gemeinderat das Schreiben der Bonner Behörde nicht zugänglich gemacht habe: „Wie soll ich da die Entscheidung qualifiziert bewerten?“, fragte sich Rockenbauch. In ihrer Pressemitteilung hatte die Stadt nicht einmal aufgeführt, dass das Kartellamt sehr wohl Bewertungsfehler moniert hatte, die aber für die Vergabe letztlich nicht relevant waren.

 

Diskutiert wurde am Dienstag in den politischen Kreisen auch, inwieweit die Beschwerde der Elektrizitätswerke Schönau (EWS), die die Prüfung der Behörde mit ausgelöst hatte, für eine längerfristige Verstimmung in Stuttgart sorgen könnte – die EWS ist beim Stromvertrieb Partner der Stadtwerke. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sieht weiter „deutliche Irritationen“: Das Ziel der Stadt, möglichst schnell die Netze zu übernehmen, sei durch die Beschwerde der EWS verzögert worden. Zudem sei der Vertrieb bisher keine Erfolgsgeschichte.

Manfred Kanzleiter, Energieexperte der SPD, betonte, dass es finanziell von Belang sei, wenn die Netzgesellschaft wegen der Beschwerde jetzt erst zum 1. Januar 2015 beginnen könne – aber der Vorstoß sei rechtsstaatlich nicht zu beanstanden. „Emotional hat das der EWS aber nichts genutzt – eine gewisse Säuernis ist im Gemeinderat zu beobachten“, so Kanzleiter.

EnBW befindet sich in einer Doppelrolle

EnBW und Stadtwerke können nun ihre Gespräche zur Kooperation vertiefen. Ob das Hochspannungsnetz zum neuen gemeinsamen Unternehmen gehört, muss aber nun vielleicht sogar vor Gericht geklärt werden – es gibt keine einheitliche Rechtsprechung zum Thema, und die Positionen von Stadt und EnBW liegen weit auseinander. Manche Stadträte halten eine Klage für denkbar. Die EnBW befindet sich dabei in einer Doppelrolle: Als Altkonzessionär will sie das lukrative Hochspannungsnetz halten; als Partner in der Netzgesellschaft will sie aufgeschlossen bleiben. Strittig sind zwischen EnBW und Stadt auch der Rückkauf des Wassernetzes und die Konzession für das Fernwärmenetz.

Manfred Kanzleiter betonte: „Den Konflikt um das Hochspannungsnetz hatte die Stadt im Auge; man konnte ihn nicht vermeiden.“ Auch ein anderer Sieger im Verfahren hätte die Herausgabe womöglich einklagen müssen. Kotz hat sogar Verständnis für die EnBW: Der Konzern sei gegenüber den Aktionären verpflichtet, mit den Vermögenswerten sorgfältig umzugehen. Kanzleiter entgegnet dazu: „Die Entflechtung des Netzes wäre einfacher und billiger, wenn das Hochspannungsnetz zur neuen Gesellschaft gehörte.“

In einem nächsten Schritt lässt die Stadt nun in einem Gutachten untersuchen, ob die wirtschaftlichen Interessen Stuttgarts bei der Netzvergabe gewahrt worden sind. Diese Untersuchung der Wirtschaftlichkeit sei vorgeschrieben, heißt es.