Der Streit um die Zukunft des von der Pleite bedrohten Stuttgarter Tierheims hat sich zugespitzt. Ein Treffen von Tierheim-Vertretern mit Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) endete mit einem handfesten Krach.

Stuttgart - Der Streit um die Zukunft des von der Pleite bedrohten Stuttgarter Tierheims hat sich zugespitzt. Ein Treffen von Vertretern der in Botnang ansässigen Hilfseinrichtung mit Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) endete am Freitag nicht nur ergebnislos, sondern mit einem handfesten Krach: Der Tierschutzverein lehnt den Rettungsvorschlag der Stadt in Bausch und Bogen ab.

 

Schairer hatte eine Aufwandsentschädigung von 283 000 Euro jährlich zuzüglich einer Einmalzahlung von 255 000 Euro zur Deckung bereits angefallener Kosten angeboten. Angelika Schmidt-Straube, die Vorstandsvorsitzende des Vereins, hält dies für vollkommen unzureichend. In einem noch am selben Nachmittag formulierten Brief an Schairer schreibt sie, dass die Offerte der Stadt „weder unseren Preisvorstellungen nahe kommt, noch die tatsächliche Leistung, die wir für die Landeshauptstadt erbringen, abbildet“. Für sie sei „diese finanzielle Wertschätzung mehr als enttäuschend“, für die Stadt sogar „beschämend“.

Der erste Hilferuf kam im Mai dieses Jahres

Im Mai dieses Jahres hat das Tierheim erstmals um Hilfe gerufen und mitgeteilt, dass die Mittel nur noch reichten, um den Betrieb ein bis zwei Monate aufrecht zu erhalten. Danach setzte eine Spendenwelle ein, die dem Verein einen sechsstelligen Betrag bescherte.

Bisher zahlt die Stadt eine jährliche Pauschale von 200 000 Euro für die im Heim dort untergebrachten Fund- und Verwahrtiere. Nun hat der Verein dem Ordnungsbürgermeister die Rechnungen der vergangenen drei Jahre vorgelegt, damit eine neue angepasste Pauschale ermittelt werden kann. Die Kommunen sind verpflichtet, Fund- und Verwahrtiere 28 Tage lang zu versorgen. Für jede Tierart wurde ermittelt, was diese an Futter und ärztlicher Versorgung in diesen Tagen braucht. Aus den Akten der Vorjahre ergab sich ein Durchschnittswert, der zeigt, wie viele Tiere das betrifft. Hochgerechnet ergibt das laut Stadt 283 000 Euro. Außerdem wurde das Angebot einer einmaligen Zahlung von 255 000 Euro unterbreitet, um die bisher angefallenen Kosten zu decken.

Tiere sind durchschnittlich drei Monate lang im Heim

„Selbst ein Regenschirm wird länger als 28 Tage im Fundbüro aufbewahrt“, sagt dagegen Angelika Schmidt-Straube. Ein Tier sei durchschnittlich drei Monate im Heim, „deswegen reicht das Geld nicht“. Sie fordert eine jährliche Zahlung von 500 000 Euro oder eine Pro-Kopf-Pauschale (gerechnet auf die Einwohner Stuttgarts) von 77 Cent und einer jährlichen Erhöhung um einen Cent. Etwa die Hälfte der Tiere im Heim sind nach Schmidt-Straube Fund- und Verwahrtiere. Da die jährlichen Ausgaben bei etwa 1,8 Millionen liegen, wolle man mindestens die Hälfte der Kosten gedeckt haben. „Eigentlich reichen die geforderten 500 000 Euro gar nicht.“ Der Gegenwert der Leistungen für die Kommune entspräche 875 000 Euro.

Zukunft des Tierheims nun offen

Martin Schairer sieht das anders. „Unser Angebot war fair, wir haben genau ausgelotet, was wir als Verwaltung leisten können“, sagt der Ordnungsbürgermeister und bedauert die Ablehnung des Tierschutzvereins. Die Stadt sei verpflichtet, die Tiere für 28 Tage unterzubringen, „darauf basierte unser Angebot“. Nachdem das Tierheim diesen Vorschlag abgelehnt hat, sei dessen Zukunft offen, so Schairer. Ob eine höhere Unterstützung möglich sei, müsse der Gemeinderat entscheiden.

Wenn es nach dem Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold geht, dürfte das wohl schwierig werden. Wie der Ordnungsbürgermeister Schairer bedauert auch er, dass der Tierschutzverein das Angebot der Stadt „einfach abgeblockt“ hat. Es sei immerhin „nicht ohne, dass die Stadt die Pauschale um 40 Prozent erhöhen“ wolle. Und prinzipiell sei es „nicht gut, Tiere sozusagen als Geiseln zu nehmen und die Stadt damit zu erpressen“.

Bernd Klingler von der FDP ist maßlos enttäuscht

„Maßlos enttäuscht“ ist Bernd Klingler von der FDP. Dass eine Erhöhung um etwa 80 000 Euro nichts bringe, sei ihm klar gewesen. „Mit der Forderung von 500 000 Euro fahren wir als Stadt doch sehr gut“, meint der Chef der Liberalen. Die Alternative, ein städtisches Tierheim, wäre viel teurer und käme für ihn nicht in Frage. „Ich werde direkt am Montag einen Antrag einreichen, dass die Stadt die 500 000 Euro als Pauschale zahlen soll“, kündigte er an.

Sein CDU-Kollege Alexander Kotz möchte sich erst nach Alternativen und deren Kosten umschauen. „Wenn die viel höher als die Forderungen des Tierheims sind, macht es natürlich mehr Sinn, dem Tierheim entgegen zu kommen“, sagt er.

Der Verein erwartet nun die angebotene Nachzahlung

Nun hat das Tierheim sein Angebot an die Stadt trotz der am Freitag gescheiterten Verhandlungen bis zum 15. Oktober verlängert. Zudem erwartet der Verein die angebotene Nachzahlung von 255 000 Euro. Bis Ende des Jahres könne das Tierheim derzeit noch von Spenden und dem Verkauf einer geerbten Wohnung leben. In der Zwischenzeit pokert Schmidt-Straube hoch. Eine neue Vereinbarung mit der Stadt werde sie erst unterschreiben, wenn mindestens 500 000 Euro pauschal im Vertrag festgelegt sind: „Ansonsten muss die Stadt schauen, wo sie ab 1. Januar 2014 ihre Fundtiere unterbringt.“