Maskenverweigerer oder Querdenker – in der Innenstadt müsste man die vermutlich am Freitagabend gut suchen, um sie zu finden. Die meisten Befragten äußern Verständnis für den Schritt, den die Landespolitik mit der Ausgangsbeschränkung geht.

Stuttgart - Gut besucht, aber nicht überfüllt. So könnte man am Freitagabend die Stuttgarter Innenstadt beschreiben. Zwei Wochen vor dem Weihnachtsfest hat man die City in jedem Fall schon voller gesehen. Gleichwohl: Vor dem Buchhaus Wittwer bildet sich durch den reglementierten Einlass gegen halb sieben eine Schlange. Offensichtlich sind Bücher derzeit sehr gefragt.

 

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Bei den Passanten auf der Königstraße hat sich um diese Zeit längst herumgesprochen, dass ab dem morgigen Samstag Ausgangsbeschränkungen in ganz Baden-Württemberg gelten. Doch welche und was genau noch erlaubt sein wird und was nicht, darüber herrscht weitgehend Unklarheit. „Haben die Geschäfte noch offen?“, fragt beispielsweise Andrea Maibaum. Die 38-Jährige ist mit ihrem Vater in der Stadt unterwegs. Auf die Frage, ob er die jetzt verhängten Maßnahmen richtig findet, antwortet der 68-Jährige Martin Fehleisen mit einem klaren: „Ja, sicher, aber sie kommen zu spät.“ Er ist vor allem verärgert über die Jugendlichen, bei denen, seiner Ansicht nach, die Bedeutung des Problems „noch nicht angekommen“ sei. „Die Strafen gegen das Nicht-Tragen von Masken, zum Beispiel in der Straßenbahn, sind viel zu gering.“ Er sieht da auch die Behörden in der Verantwortung härter durchzugreifen.

Kritik an der Zögerlichkeit

Maskenverweigerer oder Querdenker – in der Innenstadt müsste man die vermutlich am Freitagabend gut suchen, um sie zu finden. Die meisten Befragten äußern Verständnis für den Schritt, den die Landespolitik mit der Ausgangsbeschränkung geht. Eher hört man sogar Kritik an deren Zögerlichkeit: „Man hätte im Sommer erst gar nicht lockern dürfen“, meint etwa Carola Baumann. „Die ganzen Reisen waren Humbug. Man agierte viele zu lang nach dem Motto: Das Boot geht unter, aber lasst uns nächste Woche mit Wasser schöpfen beginnen“, so die 58-Jährige. Und Zeki Yildirim, der sie begleitet, betont: „Mit dem Lockdown haben vor allem diejenigen ein Problem, die nicht glauben können, was sie nicht sehen.“

„Spätestens nach Weihnachten ist der Einzelhandel dicht“

Die Freunde Ronald Krämer und Florian Egger, beide 25 Jahre alt, finden, dass die Maßnahmen auch jetzt noch verhältnismäßig bleiben sollten. „Man müsste doch inzwischen viele Erfahrung gesammelt haben mit dem Virus, wo er sich gut verbreitet und wo eher nicht“, sagt Krämer. Sein Freund fürchtet, dass eine Ausgangssperre dazu führen könnte, dass sich die Kontakte zwischen den Menschen noch mehr als bisher ins Private verlagern. „Die Frage ist, wie man das dann noch kontrollieren will.“ Er ist sich sicher, dass die jetzt beschlossenen Einschränkungen nicht das Ende der Fahnenstange sein werden: „Spätestens nach Weihnachten ist der Einzelhandel dicht“, glaubt Florian Egger.

Die 27-jährige Anna Reinhardt findet es jedenfalls „völlig legitim“, was jetzt geschieht. Dass harte Maßnahmen ziemlich spät ergriffen werden, kann die junge Frau nachvollziehen: „Ich hatte auch gedacht, dass die Infektionszahlen schon durch die bisher geltenden Regeln zurückgehen.“ Dass sie sich darin getäuscht hat, könnte auch daran liegen, dass sie und ihre Mitbewohner einer großen Wohngemeinschaft sich schon seit etwa einem Monat sogar an selbst aufgestellte Regeln halten: „Wir haben uns in der WG darauf verständigt, die Außenkontakte möglichst zu reduzieren und wenige Leute in die WG einzuladen“, erzählt Anna Reinhardt. Daran hätten sich alle gehalten.