Nicht nur auf dem Dach des Stuttgarter Rathauses soll künftig Ökostrom produziert werden, sondern auch am Turm. Damit hat die Verwaltung jetzt überrascht – und so manchen erst einmal düpiert.

Stuttgart - Bei der CDU-Gemeinderatsfraktion hat sich am Freitag massiver Ärger über Oberbürgermeister Fritz Kuhn von den Grünen entladen. Dem Stadtoberhaupt sei offenbar jegliches politisches Fingerspitzengefühl abhandengekommen, schimpfte CDU-Chef Alexander Kotz. Auslöser war die beiläufige Mitteilung des Energieexperten Jürgen Görres im Ausschuss für Klima und Umwelt, dass man alles vorbereitet habe, um am Rathausturm eine Fotovoltaikanlage installieren zu lassen. Da war Kuhn, der wegen eines anderen Tagesordnungspunktes in der Sitzung gewesen war, aus Termingründen gerade gegangen.

 

Die Aufregung der CDU rührte daher, dass man dem OB quasi einen Alleingang vorwirft. Immerhin gehe es hier um „die deutlichste Veränderung des Rathauskomplexes“ seit dem Wiederaufbau nach den Kriegsschäden, meint Kotz. Wenn der Turm hinter Modulen von Fotovoltaikzellen verschwinde, sei das eine wichtige städtebauliche Frage. Noch dazu geht es um das Wahrzeichen der Stadt, wo die Kommunalpolitiker ständig tagen und beraten. Allein deshalb hätten sie wohl erwartet, rechtzeitig informiert zu werden. Und zwar nicht von einem Abteilungsleiter im Amt für Umweltschutz, sondern von einer größeren Nummer in der Hierarchie, wie Kotz deutlich machte.

Kosten belaufen sich auf knapp 250 000 Euro

Ob man in Zeiten der schleichenden Klimakatastrophe tatsächlich etwas dagegen haben kann, wenn die erneuerbaren Energien den Rathausturm erobern und mit dem Ökostrom pro Jahr 22 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid bei der konventionellen Stromerzeugung vermieden werden können, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die Anlage wird zwar knapp 250 000 Euro kosten, dafür aber auch pro Jahr 43 400 Kilowattstunden Strom erzeugen und wohl 6900 Euro Ertrag abwerfen. Auch Kotz wollte nicht gesagt haben, dass er am Ende dagegen sein wird. Der OB solle aber erst einmal die Fraktionschefs informieren.

Die Grünen verstanden naturgemäß die Aufregung nicht, Björn Peterhoff und Gabriele Munk lobten vielmehr das Vorhaben und auch die baldige Sichtbarkeit der Klimapolitik am Rathausturm. Die Verwaltung könne ja außer der an die Wand geworfenen schematischen Skizze noch eine realistischere Illustration nachreichen. Hannes Rockenbauch, Fraktionschef des Linksbündnisses, mochte Kuhn auch „nicht für den Mut bestrafen“. Gewundert habe er sich allerdings auch ein wenig. Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) ruderte daraufhin zurück: Er nehme mit, dass man noch etwas aufzuarbeiten habe, dass die Fraktionen noch beraten wollten – und dass die Verwaltung den Auftrag noch nicht vergeben könne.