Stuttgarter Vize-Europameister im Ringen „Es gibt bei mir noch zwei klare Baustellen“
Der Silbermedaillen-Gewinner von Bratislava, Lucas Lazogianis, hadert mit einer Entscheidung im Finale und spricht über seine Ambitionen.
Der Silbermedaillen-Gewinner von Bratislava, Lucas Lazogianis, hadert mit einer Entscheidung im Finale und spricht über seine Ambitionen.
Er hat seinen mutigen Plan umgesetzt: Eine Medaille wollte er, und eben eine Medaille ist es für Lucas Lazogianis bei den Europameisterschaften der Ringer in Bratislava geworden. In der 97-Kilogramm- Gewichtsklasse musste der 23-Jährige von der SG Weilimdorf sich erst im Finale dem Bulgaren Kiril Milov geschlagen geben. Im Interview spricht er über seinen Silber-Coup, sagt, warum er dennoch etwas hadert und wie seine weiteren Ambitionen sind.
Herr Lazogianis, Glückwunsch zu EM-Silber. Warum ist es nicht noch mehr geworden?
Das ist die richtige Frage (lacht). Gold wäre auf jeden Fall drin gewesen. Es war ein Kampf auf Augenhöhe, aber ein paar Kleinigkeiten haben den Unterschied ausgemacht. Einmal war ich kurz unkonzentriert, und ich hatte Pech mit einer strittigen Schiedsrichterentscheidung. Ansonsten waren es ein paar technische Feinheiten.
Was hatte es mit der Schiedsrichterentscheidung auf sich?
Ich will mir gar nichts anmaßen, im Ringen sind die Regeln manchmal Auslegungssache. Aber nach dem Kampf kamen mehrere Schiedsrichter vom internationalen Ringerverband auf uns zu und haben gesagt: „Tut uns leid, das war eine klare Fehlentscheidung.“ Im Prinzip wurden mir während des Kampfs erst Punkte zugeschrieben, nach Einspruch der Bulgaren aber wieder abgezogen und dann sogar gegen mich gewertet. Zu dem Zeitpunkt hatte sich der Gegner, glaube ich, leicht verletzt und war ein bisschen platt. Hätte der Schiedsrichter anders entschieden, wäre es noch mal knapper gewesen, aber so lag ich eben 1:7 hinten. So einen Rückstand kann man auf diesem Niveau quasi nicht aufholen. Das war sehr, sehr schade.
Sie hatten nur eine kurze Vorbereitungsphase und sind trotzdem bis ins Finale gekommen. Wie liefen die Kämpfe davor?
Ich hatte in der Vergangenheit ja relativ schwierige Losgegner, aber dieses Mal war das Glück auf meiner Seite. Ich war bereits für das Achtelfinale gesetzt, und für da hatte sich mein Gegner vorher verletzt. Ich bin also nur auf die Matte und mein Arm wurde gehoben. Danach hatte ich zwei gute Kämpfe im Viertel- und Halbfinale. Das waren starke Gegner, und ich glaube, ich hätte auch das Achtelfinale gewonnen. Aber ja, mit nur zwei Kämpfen im Finale zu stehen, das gibt es eigentlich nicht. Manchmal gehört eben auch ein Quäntchen Glück dazu.
Wie hat es sich angefühlt, auf dem Treppchen zu stehen?
Es heißt ja oft: Lieber gewinnt man den Kampf um Platz drei, als im Finale zu verlieren. Deswegen war ich erst einmal enttäuscht, auch wegen des turbulenten Kampfgeschehens. Bei der Siegerehrung war dann schon noch ein bisschen der Schmerz da, deswegen war das Lächeln auch ein bisschen erzwungen (lacht). Aber im Nachhinein war ich auf jeden Fall sehr zufrieden. Ich wollte eine Medaille gewinnen, und das habe ich geschafft.
Ist es der Höhepunkt Ihrer Karriere?
Schwer zu sagen. Es war auf jeden Fall ein großer Erfolg. Aber mein Höhepunkt ist immer noch die Olympia-Teilnahme im vergangenen Jahr.
Nun liegt der Fokus auf der Weltmeisterschaft in Zagreb im September. Wie sind Ihre Ambitionen?
Für die WM muss man sich natürlich auch erst einmal qualifizieren. Trotzdem gehe ich davon aus, dass ich das schaffen werde. Dann will ich mit einer deutlich besseren Vorbereitung anreisen und noch etwas besser in Form sein. Aber am Ende kommt es sowieso in erster Linie auf die Tagesform an. Und dann mal schauen, was drin ist.
Sie sind 23 Jahre jung. Was können wir in Zukunft noch von Lucas Lazogianis erwarten?
Ich bin noch jung, aber auch nicht mehr so jung. Ich bin auf einem Niveau, da passiert nicht mehr so viel, man kann sich nicht mehr unendlich verbessern. Aber es gibt bei mir noch zwei klare Baustellen. Erstens bin ich für meine Gewichtsklasse noch etwas zu leicht. Zweitens, und das ist ein Punkt, der mir im EM-Finale so ein bisschen den Sieg gekostet hat, will ich meine Bodenabwehr verbessern. Es ist auf jeden Fall noch Potenzial da, noch den ein oder anderen Prozentpunkt herauszuholen.
Wie sind Ihre Ziele über die kommende WM hinaus?
Das ganz große Ziel ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028. Letztes Jahr wurde ich ja nachnominiert, aber nächstes Mal will ich die Qualifikation direkt schaffen. Und vielleicht geht dann auch noch mehr.
Noch mehr?
Da will ich noch nicht zu viel drüber sagen (lacht). Wer weiß, was passiert. Ich bin auf jeden Fall noch nicht auf meinem Zenit, noch lange nicht.