Bezirksbeiräte diskutieren über die Zustände an der Dischinger Burg in Weilimdorf. Die Stadt möchte mit einem Freizeitkonzept Lösungen präsentieren.

Stuttgart - Die Stadt Stuttgart arbeitet derzeit an einem Freizeitkonzept für den Stuttgarter Wald. Das Ziel: Spaziergängern, der Natur, den Tieren und den Radfahrern gerecht zu werden. Das ist gar nicht so einfach, weil die Interessenlagen völlig unterschiedlich sind. Vor allem die unerlaubt angelegten Mountainbike-Trails sorgen immer wieder für Ärger – jüngst auch in den Bezirksbeiräten in Feuerbach und Weilimdorf. „Mountainbiken ist eine Trendsportart, die sich festgesetzt hat“, sagte Matthias Holzmann vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt in der jüngsten Sitzung des Gremiums in Feuerbach. Derzeit seien alle Trails illegal – bis auf die Downhillstrecke Woodpecker in Degerloch. Diese Strecke werde zwar gut angenommen, sei aber eben nicht für alle Mountainbiker etwas. „Es gibt rund ein halbes Dutzend unterschiedlicher Disziplinen“, betonte Holzmann. Da gebe es beispielsweise die Tourenfahrer, die täglich rund 70 Kilometer unterwegs seien und zum Abschluss ihrer Tour dann noch auf einen Trail abbiegen würden. Oder die Buddler und Bauer, die zum Beispiel Europaletten in den Wald schleppen, um Schanzen zu bauen.

 

Den Wald oder Teile von ihm zu schließen, kommt für die Stadt als Lösung nicht in Frage. Vielmehr soll es in naher Zukunft legale Wege und Trails für Mountainbiker, aber auch „No-go-Areas“ geben – wie das Kotzenloch oder die Dischinger Burg.

Radler sorgen für Ärger

Dass es eine Lösung im Sinne von Wald und Mensch geben muss, damit hat sich auch der Bezirksbeirat in Weilimdorf befasst. Zwei Anträge vom Jugendrat und von der FDP-Fraktion wurden in der jüngsten Sitzung diskutiert, da Radsportler auch in diesem Bezirk immer wieder für Ärger sorgen, wenn sie quer durch den Wald fahren. Das gilt sowohl für den Fasanengarten als auch zwischen Burg Dischingen und dem Lindenbachtal. Hier wurden die Trails teilweise mühsam angelegt. Doch auch da sind sie illegal. Empfindliche Waldbereiche werden geschädigt, Bodenerosion und ungeklärte Haftungsfragen sorgen für Unmut. Die ökologische Beeinträchtigung sowohl beim Querfeldeinfahren mit dem Mountainbike durch den Wald als auch bei der Befahrung der schmalen Pfade sei groß, hieß es bei der Stadt schon im vergangenen Jahr auf Nachfrage unserer Zeitung: „Der Waldboden wird beeinträchtigt, Pflanzen und Tiere geschädigt und deren Lebensraum zerstört. Den Waldtieren werden die Rückzugsmöglichkeiten genommen.“

Um nach Jahren endlich voranzukommen haben sowohl der Jugendrat Weilimdorf sowie die FDP-Fraktion nun jeweils einen Antrag vorgelegt. Ersterem war der Wunsch zu entnehmen, mindestens zwei Wege im Waldstück Fasanengarten für die Radsportlerinnen und -sportler freizugeben. Die Gestaltung solle gemeinsam mit Jugendlichen, der Forstbehörde und dem Jugendhaus erfolgen. Letzteres würde die Pflege gewährleisten. Mögliche Unfallschäden seien durch eine Versicherung über das Jugendhaus gedeckt. Nachdem die Vertreterin des Jugendrats zugestimmt hatte, dass der Antrag der Stadtverwaltung weitergeleitet wird, stimmte das Gremium diesem zu. Denn seit Anfang des Jahres beschäftigt sich bei der Stadt eine Projektgruppe namens „Forum für das Freizeitkonzept Stuttgarter Wald“ mit einem Gesamtkonzept. Letzteres war Jürgen Raiser (Freie Wähler) und Peter Berg (Bündnis 90/Die Grünen) wichtig.

Kaputtes Gebüsch, vermatschte Wege

Die FDP schlug vor, ebenfalls zwei Bike-Trails in Eigenverantwortung der Nutzer anzulegen. Die Idee: Einer im Fasanengarten für Anfänger und Kinder und ein zweiter im Bereich der Dischinger Burg, wo überwiegend erfahrene Jugendliche und Erwachsene unterwegs seien. Gerade in diesem Areal verwies man auf die angerichteten Schäden im Wald. Dem Antrag hatte man entsprechende Fotos von herausgerissenem Gebüsch, „vermatschten“ Fußgängerwegen und Trails beigelegt, an denen erkennbar sei, dass Humus vom Regen weggeschwemmt würde. Unökologisch sei das Verhalten der Nutzenden, so der Tenor.

Doch den FDP-Antrag lehnte man mit 15:2 Stimmen ab. Zu ungenau waren dem Gremium einige der Formulierungen. Mark Dürr von der AfD etwa bemängelte die Forderung, dass „die Nutzung nur für nicht E-Fahrräder gestattet werden“ solle. Hier gebe es verschiedene Typen. Jene, die aus eigener Kraft angetreten werden, fallen rechtlich unter Fahrräder. Während jene, die ohne Trittunterstützung per Knopfdruck auf bis zu 45 Kilometer pro Stunde beschleunigen, Krafträder sind. Erik Hoffmann (PULS) bestätigte dies und ergänzte, ihm sei der Begriff „wilde Trails“ zu diffus. „Was soll das sein?“ Auch sonst klang durch, dass der Antrag verbesserungswürdig sei. Zurückziehen wollte die Fraktion ihn allerdings nicht.

Geld steht noch nicht bereit

Lothar Barth (FDP) sagte im Nachgang: „Wie der Bezirksbeirat mehrheitlich abgestimmt hat bedauern wir sehr.“ Es sei ein Eigentor auf Kosten von Mensch, Flora und Fauna. „Wir wollen einfach, wie übrigens auch der Jugendrat, einen legalen Trail an der Dischinger Burg. Wir wollen, dass die anderen wilden Rampen und Trails konsequent zum Schutz der Tiere rückgebaut werden und wir wünschen uns, dass sich viele Ehrenamtliche finden, die den dann legalen Trail an der Burg, ähnlich wie alle anderen Sportler ihre Spielfelder, mit Unterstützung der Stadt pflegen“, sagte Barth.

Wie geht es nun weiter? Bis Ende November soll dem Waldbeirat für den Stuttgarter Stadtwald ein erster Konzeptentwurf vorgelegt werden. Die finale Version des Freizeitkonzepts wird dann dem Forum Anfang 2022 vorgestellt. Die Umsetzung des Konzepts ist ab Sommer 2022 geplant. Geld für die Umsetzung steht noch keines bereit. Da ist der Gemeinderat in den aktuellen Haushaltsberatungen gefragt.