Weindorf-Wirt Andreas Zaiß kontert die Klagen über zu hohe Preise für Speisen und Wein. Auch die Kosten der Winzer und Wirte seien stark gestiegen.

Rohrspatzen schimpfen gerne über Gott und die Welt. In diesem Fall wettert das Exemplar aus Bad Cannstatt über die Curry Wurst. Besser gesagt über den Preis der Wurst auf dem Stuttgarter Weindorf. „5,90 Euro“, sagt er rau, „das ist doch unverschämt.“ Aber nicht nur die Wurst sind dem schwäbischen Original zu teuer. Alle Speisen und Getränke passen nicht in sein Verständnis für Preis und Leistung.

 

Muss es Curry Wurst sein?

Weindorf-Wirt Andreas Zaiß zieht angesichts der Kritik die Augenbrauen nach oben. „Curry Wurst“, murmelt er versonnen, „gibt es das überhaupt auf dem Weindorf? Wir sind doch gehalten typisch schwäbische Gerichte anzubieten.“ Sei’s drum, meint der Winzer und Gastronom dann und lässt gedanklich einen Blick über seine Speisekarte schweifen. Und dabei erlebt er das Gefühl, das er unlängst hatte, als er kalkulierte. Es war kein gutes Gefühl. „Gerne hätte ich den jahrelangen Preis für ein Viertele unter fünf Euro gehalten“, sagt er, „aber es geht einfach nicht mehr.“ Gleiches gilt für das Tagesessen am Mittag von 12 bis 14 Uhr . Wie gerne wäre er den vielen Rentnern mit einem Preis von elf Euro für ein Schnitzel mit Beilage entgegen gekommen. Schließlich weiß er, dass viele Pensionäre jeden Monat mit spitzer Feder rechnen müssen. Aber auch hier sagt er beinahe gequält: „Ich musste auf 12,50 Euro aufschlagen.“

Das Viertele gibt es ab 5,90 Euro

Somit bezahlt der Gast in der Zaißerei auf dem Schillerplatz beispielsweise für geröstete Maultaschen mit Ei und Salat oder einen Gaisburger Marsch 12,50 Euro. Und für ein Viertele Wein – je nach Qualität – zwischen 5,90 und 12,50 Euro. Für ein Schorle verlangt der Sohn der verstorbenen Winzer- und Gastrolegende Dieter Zaiß sechs Euro.

Was sich nicht gerade nach Schnäppchenpreisen anhört, ist wahrscheinlich die neue Realität. Und die ergibt sich aus den Preisen, die ein Weindorf-Wirt selbst für alles aufbringen muss. „Ich musste aufschlagen“, sagt er. Dabei ist die vierprozentige Erhöhung der Stand- und Laubengebühren des Veranstalters Pro Stuttgart noch die kleinste Summe. Die Preissprünge bei den Personalkosten seien viel gewaltiger. „In Zeiten des Personalmangels kann man es sich nicht leisten, schlecht zu bezahlen“, sagt Andreas Zaiß. Also musste er auch hier nachjustieren. Sein Servicepersonal bekommt nun zehn Prozent vom jeweiligen Umsatz.

Teure Lebensmittel

Ebenso ins Kontor schlügen die enorm gestgienen Nebenkosten, wie etwa für die Müllabfuhr, Security und Energie. Auch die Kosten für den Auf- und Abbau würden ihn belasten. Zwar ist Pro Stuttgart für den Rohbau und die Lagerung der Lauben verantwortlich, aber für die Innenausstattung ist der Gastronom verantwortlich. „Hier sind rund 50 Prozent mehr Kosten entstanden“, sagt Zaiß. Dass beim Auf- und Abbau stets einiges kaputt geht, will er nicht unterschlagen: „Auch dafür sind die Anschaffungspreise gestiegen.“ Und zuletzt spürt auch der Profi, was jeder Verbraucher beim Einkauf im Supermarkt merkt: Der Wagen ist fürs gleiche Geld gefühlt nur noch halb voll. „Wir machen alle unsere Salate mit Speiseöl und braten auch damit“, stellt Andreas Zaiß´ fest. Der Preis für Speiseöl ist bekanntlich etwa um den Faktor vier gestiegen. Für das Leben und das Weindorf gilt also gleichermaßen: Es ist kein billiger Jakob mehr.

Gute Besucherzahlen

So weit so schlecht. Aber vermutlich wird alles noch teurer. Vor allem beim Wein. „Beim 2021-Jahrgang haben sich die gestiegenen Preise noch nicht niedergeschlagen“, sagt Zaiß, „aber beim Jahrgang 2022 dürfte sich das ändern.“ Curry Wurst hin, Preise her. Auf die Besucherzahlen scheint das alles keinen Einfluss zu haben. „Die Wirte melden, dass sie mit den Besucherzahlen wahnsinnig zufrieden sind“, erklärt Bärbel Mohrmann von Pro Stuttgart. Anderas Zaiß nickt zustimmend: „Abgerechnet wird zwar erst am Schluss, aber bisher sind wir sehr zufrieden.“