Die Weindorfwirte sind stinksauer. Ihr Gastspiel in Hamburg ist nach 30 Jahren Geschichte. Weil die Hanseaten die Platzmiete für den Rathausmarkt deutlich erhöht haben, hat Pro Stuttgart die Veranstaltung abgesagt.

Stuttgart/Hamburg - Tschüss, ciao, ade statt moin, moin: das Gastspiel des Weindorfs in der Hansestadt ist abgesagt. Seit 1986 waren die Stuttgarter auf dem Hamburger Rathausmarkt zu Gast, voriges Jahr wurde 30-Jähriges gefeiert. Jetzt sieht es so aus, als sei die Traditionsveranstaltung Vergangenheit. Die Wirte und der Veranstalter sind stinksauer. „Das ist unerfreulich, traurig, ärgerlich“, sagt Axel Grau, der Geschäftsführer des Verkehrsvereins Pro Stuttgart. Die Wirte seien sehr betroffen, viele steckten schon mitten in den Vorbereitungen, denn der Termin dieses Jahr sei ungewöhnlich früh angesetzt gewesen. Im Mai, in den Pfingstferien, wollten sie Trollinger und Kässpätzle in Hamburg servieren. Jetzt hat Pro Stuttgart die Veranstaltung gestrichen.

 

Was ist passiert? Das Bezirksamt Hamburg-Mitte wollte zu diesem Jahr die Platzmiete deutlich erhöhen – und zwar um rund 170 Prozent, wie Pro Stuttgart nachgerechnet hat. Werner Koch, der Vorsitzende, teilt mit: „Eine derartige Kostenexplosion lässt sich nicht mehr auffangen. Wir haben der Stadt und der Bürgerschaft Hamburg am Dienstag die Veranstaltung absagen müssen und auch die Stadt Stuttgart informiert. Die unglaubliche Kostensteigerung und das Verhalten des Bezirksamts Hamburg-Mitte sind ein Schlag ins Gesicht und geradezu unmoralisch.“

Kein Rabatt mehr für den Rathausmarkt

Wie kommt es zu der Kostensteigerung? Beide Städte, Hamburg und Stuttgart, vereinbarten eine jeweils kostenfreie Nutzung der Veranstaltungsflächen, als 1988 der Fischmarkt erstmals nach Stuttgart kam. Sowohl für den Rathausmarkt als auch für den Karlsplatz fiel elf Tage lange keine Platzmiete an. Da das „Stuttgarter Weindorf zu Gast in Hamburg“ einige Tage länger als der Fischmarkt in Stuttgart dauert, zahlt der Veranstalter seitdem für diesen Zeitraum Sondernutzungsgebühren. Diese sind laut Pro Stuttgart in den vergangenen Jahren um das Siebenfache gestiegen. Hinzu kommt, dass in den ersten Jahren eine doppelt so große Fläche belegt werden durfte. Die Kosten konnten auf 30 Wirte umgelegt werden. 2015 passten nur noch elf Betriebe auf die verkleinerte Fläche. Sie mussten alle entstehenden Kosten und auch die Platzmiete erwirtschaften.

Ende vorigen Jahres kündigte die Stadt Hamburg, vertreten durch den damaligen Leiter des Bezirksamts Mitte, Andy Grote, diese Vereinbarung mit der Stadt Stuttgart auf. Statt bisher rund 46 000 Euro Gebühren (2015) verlangt die Stadt Hamburg in diesem Jahr insgesamt rund 125 000 Euro Platzmiete – also nahezu den dreifachen Betrag. „Man hat uns überrollt“, sagt Axel Grau. Der Verein habe sich intensiv um ein Gespräch bemüht, dieses sei nie zustande gekommen. „Stattdessen wurde uns einseitig in einem kurzen Briefchen die Partnerschaft aufgekündigt.“

Im Hamburger Rathaus herrscht Bedauern über die Absage des Weindorfs, wenngleich kein Wille zu spüren ist, doch noch eine Lösung zu finden. In den vergangenen Jahren seien die Nutzungsgebühren deswegen erlassen worden, weil man den Veranstaltungen habe helfen wollen, sich zu etablieren, sagt Sorina Weiland, die Sprecherin des Bezirksamts Hamburg-Mitte. Nach 30 Jahren könne man davon ausgehen, dass sich das Weindorf finanziell trage. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Haushaltslage und aufgrund einer Rüge des Rechnungshofes aus dem Jahr 2013 habe man entschieden, dass man gerade bei Premiumflächen wie dem Rathausmarkt den Gebührenrahmen ausschöpfen müsse. Das heißt konkret, dass vom ersten Tag des Weindorfs an 1,70 Euro pro Quadratmeter Miete anfallen. „Wir haben da wenig Handhabe. Das wäre eine versteckte Subvention“, erklärt Weiland.

Zukunft des Fischmarkts ist offen

Die Stadt Stuttgart wiederum teilt mit, sie respektiere die Entscheidung des Vereins, zwischen den Zeilen lässt sich aber eine gewisse Verärgerung herauslesen. Man sei in die Entscheidungsfindung des Vereins und die Bekanntgabe der Absage nicht eingebunden gewesen. Pro Stuttgart, heißt es in der Stellungnahme, habe sich erstmals am Rande eines Empfangs im Rathaus am 16. Februar an die Stadt gewandt und auf die Probleme hingewiesen. Man habe um weitere Informationen gebeten, diese aber erst am 19. Februar erhalten.

Zudem sei angedacht gewesen, dass Oberbürgermeister Fritz Kuhn an den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, schreibt, um vielleicht doch noch eine tragbare Lösung zu finden. „Dazu ist es jetzt nicht mehr gekommen, nachdem der Verein Pro Stuttgart durch seine Entscheidung vollendete Tatsachen geschaffen hat.“

Zur Zukunft der Veranstaltung Hamburger Fischmarkt in Stuttgart kann der Sprecher der Stadt Sven Mattis noch keine Angaben machen. „Denkbar ist, dass die Stadt Mitte März entschieden hat, ob und in welcher Höhe der Veranstalter künftig Miete für den Karlsplatz zu zahlen hat.“ Bislang ist das Gastspiel des Hamburger Fischmarkts vom 7. bis 17. Juli geplant.