Stuttgarter Wilhelma Schwingaffenhaus wird geschlossen
Grund für die Schließung ist der schlechte bauliche Zustand. Die Haubenlanguren sind schon weg, die Gibbons verlassen den Zoo Ende Februar.
Grund für die Schließung ist der schlechte bauliche Zustand. Die Haubenlanguren sind schon weg, die Gibbons verlassen den Zoo Ende Februar.
Zwar hat es schon seit einiger Zeit Bauzäune im Bereich des Schwingaffenhauses in der Wilhelma gegeben, doch die Nachricht kommt überraschend: In wenigen Sätzen teilte der zoologisch-botanische Garten nun mit, dass das Gebäude abgerissen wird. „Es soll nächste Woche geschlossen werden, sobald die letzten Bewohner ausgezogen sind“, erklärt der Wilhelma-Sprecher Birger Meierjohann. Derzeit werden die Bewohner des Schwingaffenhauses in andere Einrichtungen abgegeben. Bereits im Januar seien die in derselben Anlage gehaltenen Haubenlanguren in den Zoo in Lodz nach Polen gezogen. Die zwei Weißhandgibbons Sundar und Kedua kommen nächste Woche in den Hansenberg-Zoo im dänischen Kolding.
Das Gibbon-Männchen Sundar, elf Jahre alt, stammt aus einem Zoo in den Niederlanden. Seine Partnerin Kedua kam vor zwölf Jahren in der Wilhelma zur Welt. „Der Abschied von den Gibbons fällt uns nicht leicht“, sagt der Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin. „Jeden Vormittag haben sie mit ihrem lauten Gesang die Geräuschkulisse der Wilhelma geprägt. Es ist es uns wichtig, unsere Tiere in gute Hände zu geben.“
Die Wilhelma blickt auf eine lange Tradition der Haltung von Weißhandgibbons. Seit dem Jahr 1976 kamen hier 21 Jungtiere zur Welt – ein voller Erfolg für das Ex-Situ-Zuchtprogramm des Europäischen Zooverbands (EAZA). Die Wilhelma konnte so einen großen Beitrag für die Reservepopulation des Weißhandgibbons in menschlicher Obhut leisten. In ihrer südostasiatischen Heimat gilt der Bestand dieser Primatenart als stark gefährdet.
Doch nun ist die Haltung von Gibbons in Stuttgart nicht mehr möglich. Als Grund nennt die Wilhelma den baulichen Zustand des Schwingaffenhauses, das in den 1970er Jahren gebaut wurde. Wegen statischer Probleme sei das Gebäude nicht länger nutzbar, heißt es in einer Mitteilung des Zoos. Für den Winter 2024/2025 sei der Abriss des Schwingaffenhauses geplant. Wie es danach weitergeht? „Es gibt schon Überlegungen, wie wir die Fläche nach dem Abriss nutzen könnten. Noch ist es zu früh, um dazu eine nähere Aussage zu treffen“, so Meierjohann.
Der Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Wilhelma, Georg Fundel, erklärt: „Wir kritisieren als Verein, dass es dort seit 15 Jahren Handlungsbedarf gibt.“ So sei die Terra Australis neben dem Schwingaffenhaus die Antwort auf nicht mehr tiergerechte Unterbringung. Deshalb sei auch das neue Affenhaus gebaut worden. Die Gebäude in dem Bereich der Terra Australis seien alle gleich alt. „Wir befürworten es, wenn die Ecke dort in Ordnung gebracht wird“, so Fundel.
Michaela Hornung, Sprecherin des Finanzministeriums, erklärte auf Nachfrage, dass sich seit dem Bau des Schwingaffenhauses in den 1970er Jahren nicht nur die technischen Voraussetzungen, sondern auch die Arbeitsschutz- und vor allem die Tierhaltungsrichtlinien deutlich verändert hätten. Eine Sanierung und Ertüchtigung des Gebäudes wären mit erheblichem baulichem und finanziellem Aufwand verbunden. Auch eine Nachnutzung sei fraglich. Zudem sei die Wegeführung am Haus nicht optimal. „Ein möglicher Abbruch des Gebäudes bietet die Chance, die Wegeführung und auch die Blickachsen innerhalb der Wilhelma zu optimieren“, so Hornung.
Wie hoch der Investitionsstau in der Wilhelma sei, dazu machte das Finanzministerium keine genauen Angaben. Es verwies auf die kontinuierliche Weiterentwicklung des Zoos und den Neubau der Tigeranlage und die Sanierung des Eingangspavillons. Die baulichen Maßnahmen würden priorisiert. Dabei werde auch berücksichtigt, dass die Besucher so wenig wie möglich beeinträchtigt werden. Bezüglich seiner Fürsorgepflicht betont das Ministerium: Es gebe kontinuierlich Maßnahmen zum Erhalt der Gebäudesubstanz, die im Rahmen der Bereitstellung der entsprechenden Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber nach ihrer Dringlichkeit sukzessive umgesetzt würden.