Marlis Brönner begleitet die Opfer von Sexualstraftaten zu den Verhandlungen. Das ist für die Frauen und Kinder eine große Hilfe. Dafür wurde sie zur Stuttgarterin des Jahres gewählt, einem Ehrenamtspreis, gestiftet von der Stuttgarter Versicherungsgruppe und der Stuttgarter Zeitung.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Die Neugier begleitet mich bis zum heutigen Tag“, sagt Marlis Brönner, „besonders die für Menschen in Extremsituationen.“ Und so machte die angehende Sozialarbeiterin vor einem halben Jahrhundert gleich mal ihr Anerkennungsjahr bei der weiblichen Kriminalpolizei in Stuttgart. Die gab es damals noch. Brönners Aufgabe war es, jugendliche Ladendiebe zurück zu ihren Eltern zu bringen oder Überlebende eines Suizides zu befragen, ob dahinter nicht doch eine Straftat stand.

 

Danach kam eine Zeit beim Jugendpsychiatrischen Dienst und erst mal eine Familienphase. Die Neugierde blieb, und der Wunsch, Menschen verstehen und ihnen helfen zu wollen, blieb ebenso. So kamen 20 Jahre Arbeit bei der Telefonseelsorge zusammen und eine lange Zeit als Schöffin. Sie hat in dieser Zeit viel gelernt über die Menschen.

Selbstverständliche Hilfe

Seit 13 Jahren begleitet Brönner nun Opfer von Sexualstraftaten zu den Gerichtsverhandlungen, bei denen sie als Zeugen in eigener Sache aussagen müssen. Marlis Brönner tut das mit einer Selbstverständlichkeit, um die sie selbst nicht viele Wort machen würde. Bräuchte es eines Beweises, dass Neugierde für die Objekte dieser Leidenschaft durchaus positive Seiten hat, muss man sich also nur die Biografie von Marlis Brönner anschauen.

Und spätestens fünf Minuten nachdem man sie dann auch noch getroffen hat, weiß man: Die These stimmt, und die 74-Jährige ist der lebende Beweis dafür. Sie ist der ruhende Pol im Gerichtssaal, wenn die Frauen und Mädchen nicht wollen, dass Partner oder Mütter schreckliche und schambesetzte Details der Tat erfahren und trotzdem Beistand brauchen. Manchmal wird Marlis Brönner aufgrund ihrer großen Erfahrung auch zu Gerichtsverhandlungen gerufen, bei denen sie die Angehörigen von Mordopfern über die Dauer des gesamten Prozesses begleiten soll.