Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Keine Frau sei wirklich freiwillig da, sagt Bolschetz. Für alle war Deutschland das Land, in dem sie Geld verdienen wollten, aber nicht als Prostituierte. Der Weg zurück jedoch ist schwer. „Was denken sich eigentlich die Freier dabei“, fragt die junge Frau mit sehr ruhiger Stimme. Sie weiß, dass es nichts bringt, wütend zu werden. Sie bietet den Frauen stattdessen an, sie zum Arzt zu begleiten. Die Zuhälter tolerierten das, weil gesunde Frauen gut fürs Geschäft seien. Alle Frauen klagen über Schmerzen im Unterleib, sagt Bolschetz. Wenn die Ärztin sie wegen der Schmerzen krankschreiben will, ernten sie oft nur ein müdes Lächeln.

 

Nicoleta Bolschetz lässt sich davon nicht entmutigen. Seit 2015 arbeitet sie ehrenamtlich für den Verein „Sisters“. Engagierte Frauen haben sich zum Ziel gesetzt, Prostituierten zu helfen und wenn sie das wollen, ihnen auch beim Ausstieg zur Seite zu stehen. Zwei haben es geschafft, seit Nicoleta Bolschetz dabei ist. Ihr großer Vorteil ist, dass Rumänisch ihre Muttersprache ist und sie die Verhältnisse in dem südosteuropäischen Land genau kennt.

Gerettet durch Adoption nach Deutschland

Nach dem Tod ihres Vaters lebte sie ein paar Jahre in einem rumänischen Kinderheim. „Ich weiß, wie sich Gewalt anfühlt und wie es ist, wenn man sich ausgeliefert fühlt.“ Ihr Leben nahm eine glückliche Wende, weil sie mit knapp acht Jahren von einem deutschen Paar adoptiert wurde. Aber die Erinnerung blieb. Eine Fernsehreportage über die Straßenkinder von Bukarest, die an Pädophile verkauft werden, geht ihr bis heute nicht aus dem Kopf. Die Kinder konnten von Pädophilen gebucht werden. „Ich hätte als Heimkind auch so enden können.“ Das war ihr nach dem Fernsehbeitrag klar. Um die Aufklärungsarbeit in Rumänien voranzutreiben, hat sie in ihrem Urlaub Kontakte zu Lehrerinnen und zu Organisationen, die rückkehrenden Frauen in Rumänien Schutz bietet, geknüpft. Nicoleta Bolschetz hat noch viel vor.