Den Bürgerverein Pro Stuttgart kennt man vor allem als Veranstalter des Stuttgarter Weindorfs. Nun bezieht er – auch zum Wohle der Stadt – erfreulich klar Stellung für die Demokratie. Ein Kommentar von Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Es ist Fasching! Die Narren sind los und machen Rambazamba in der Stadt oder, wie Deutschlands berühmtester Sauerländer sagen würde: „Rambozambo“.

 

Es sind aber nicht nur Narren unterwegs. Auch Demonstranten, wobei es durchaus Schnittmengen gibt. Auch Narren können demonstrieren und umgekehrt Demonstranten Narren sein. Das Anliegen, für das an diesem Samstag auf dem Schlossplatz demonstriert wird, hat mit Narretei jedoch nichts zu tun. Es geht um die Demokratie! Wieder einmal und immer noch und hoffentlich noch für sehr lange Zeit.

Die Botschaft lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig

Zu der Kundgebung um 13 Uhr im Herzen der Stadt hat das vielgestaltige „Netzwerk gegen rechts“ aufgerufen. Dort wird auch eine Stimme zu hören sein, die man aus ganz anderen Zusammenhängen kennt, nämlich als Veranstalter des beliebten Stuttgarter Weindorfs. Es ist die Stimme des seit 140 Jahren bestehenden Bürgervereins Pro Stuttgart. Die Wortmeldung seines Vorsitzenden Jens Zimmermann im Lichte der Bundestagswahl ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Soweit ersichtlich, ist es das erste Mal, dass Stuttgarts ältester Bürgerverein in dieser Form an die Öffentlichkeit tritt. Die Botschaft, die der Vorstand aussendet, lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig: „Wir müssen aufstehen und unsere Stimme erheben – zum Wohle unserer Stadt und einer besseren Demokratie!“

Die vorab bekannt gewordene Rede seines Vorsitzenden verdient es, gehört und dokumentiert zu werden. Sie handelt vom Selbstverständnis von Vereinen, die auf Respekt, Vielfalt und Menschenwürde gründen und damit auf demokratischen Grundprinzipien. Wenn Vereine diese Werte verteidigen wollen, so fordert Zimmermann, müssten sie angesichts demokratiefeindlicher Strömungen auch Haltung zeigen. Die Neutralität, der sie sich verpflichtet fühlen, dürfe dabei kein Hindernis sein. Denn: „Wenn rechte Ideologien gegen die Demokratie und die Integration ausländischer Mitbürger arbeiten, ist es unmöglich, neutral zu bleiben.“

Der 140 Jahre alte Bürgerverein hat couragiert vorgelegt

Wichtig ist dem Bürgerverein auch hier ausdrücklich das „Pro“, das bei Pro Stuttgart seit jeher Programm ist. Tatsächlich „reicht es nicht aus, nur gegen rechte Ideologien zu sein“, wie der Vorsitzende betont, es braucht auch aktives Handeln. Den Vereinen mit ihrer Reichweite und Verankerung in der Stadtgesellschaft misst Pro Stuttgart dabei eine bedeutende Rolle zu. Wenn sie Stellung beziehen, meint Zimmermann, „können sie viel bewirken“. Seine Wortmeldung ist kein unverbindliches Grußwort. Sie hat konkrete Weiterungen. So will sich der 600 Mitglieder große Bürgerverein jetzt mit einem noch breiteren Kulturprogramm um die Förderung demokratischer Werte kümmern.

Pro Stuttgart legt hier couragiert vor. Das ist erfreulich und dürfte bald auch auf andere Vereine ausstrahlen. Auf jeden Fall zeigt der Traditionsverein damit, dass Stuttgart, wenn auch keine Fasnet-, so doch eine Demokratie-Hochburg sein kann.