In einer Debatte mit viel Herzblut ließen die Bezirksbeiräte kein gutes Haar an einer Machbarkeitsstudie, die zum Erhalt des Züblin rät. Die Bezeichnungen reichten von „Frankenstein-Projekt“ bis „inhumanes Wohnen“.

Wie emotional dürfen lokalpolitische Sachdebatten geführt werden? Geht es nach dem alten sozialdemokratischen Schlachtross Heinrich-Hermann Huth, verbietet sich beinahe jede Gefühlsregung. Zumindest in der Frage, ob das Züblin-Parkhaus in der Innenstadt im Bestand für eine Nachnutzung saniert werden oder abgerissen werden soll? Allen, die mehrheitlich nicht seiner Meinung in dieser Sache waren, warf der SPD-Mann daher am Donnerstagabend in einer Sondersitzung „zu große Emotionalität“ vor.

 

Bedeutende Sitzung

Tatsächlich argumentierten vor allem die Gegner eines Erhaltes des Baukörpers mit viel Herzblut. Vielleicht auch, weil sie wussten, was auf dem Spiel steht. Denn vor knapp zwei Wochen haben die Stadträte im Ausschuss für Stadtentwicklung einer Machbarkeitsstudie, die den Erhalt empfiehlt, bereits euphorisch zugesprochen. Vor allem die Aussicht, im Lichte der Internationalen Bauausstellung 2027 in Stuttgart und der Region ein Prestigeobjekt zu realisieren, elektrisierte beispielsweise Alexander Kotz (CDU) regelrecht. Deshalb schärfte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle in ihrem 15-minütigen Eröffnungsplädoyer allen noch einmal ein: „Wir sind heute an einem Punkt, an dem es zum Schwur kommt. Was wollen wir dem Gemeinderat raten?“

Mehrheit lehnt Erhalt ab

Um es vorweg zu nehmen: Die Mehrheit der Bezirksbeiräte ließ kein gutes Haar an der Machbarkeitsstudie. Dabei kleideten die Bezirksbeiräte ihre Argumente tatsächlich mit gefühlsbetonten Formulierungen aus. Angefangen bei Klaus Wenk (CDU). Er nannte den Plan, „eines der hässlichsten Gebäude“ der Stadt zu erhalten einen „Treppenwitz“. Man müsse zu viele Kompromisse machen. Etwa bei der Deckenhöhe von 2,30 Meter, die das beratende Mitglied Andreas Nikakis als „inhumanes Wohnen“ bezeichnete.

Nicht genug CO2-Einsparung

Auch das wichtigste Argument der Befürworter eines Erhaltes, wie etwa Hannes Rockenbauch (SÖS), relativierte Wenk: „Die Einsparung von 600 Tonnen CO2 ist nicht signifikant.“ Um das Einsparpotenzial besser einschätzen zu können, legte der CDU-Mann die Spur in Richtung Hollywood: „Bei der Produktion eines Kinofilms fallen auch 600 Tonnen CO2 an.“ Noch drastischer drückte Ralph Schelle (Fraktion) seine Ablehnung aus: „Es ist eine hässliche Geschichte, von der wir uns verabschieden sollten.“ Schließlich hätten die Bürger beim Beteiligungsprozess gezeigt, dass sie andere Vorstellungen bei einer Neuplanung der Neuen Mitte hätten. Tatsächlich war man beim gesellschaftlichen Prozess der Meinungsbildung von anderen Voraussetzungen ausgegangen. Ursprünglich sollte an der Stelle des Parkhauses sogar eine kleine grüne Lunge entstehen. Dann, getrieben von der Wohnungsnot, war klar: Ohne neuen Wohnraum wird es nicht gehen. Allerdings solle der das Zusammenwachsen von Bohnen- und Leonhardsviertel zur Leonhardsvorstadt befördern. Die Planungen, so der gesellschaftliche Willen damals, solle die kleinteilige Architektur in der Neuen Mitte aufnehmen. „Und jetzt soll dort dieser Riegel bleiben?“, fragten viele besorgt. Mehr noch: Bei diesem „Frankenstein-Projekt“ (Cornelius Hummel/FDP) werde dieser trennende Riegel noch größer. Die Pläne sehen in der Tat vor, das Gebäude an seinen Flanken zu erweitern und es zu erhöhen. Dies ist für die Mehrheit der Räte keine Option. Die Konsequenz wäre: Einer der beliebtesten Spielplätze der Stadt sowie weitere Freiflächen müssten überbaut werden. „Eine Fläche, die wir über die Jahre mühsam für die Kinder zurückerobert haben“, erinnerte Veronika Kienzle und nahm am Ende mit Genugtuung den Ratschlag an die Stadträte zur Kenntnis: Der Bezirksbeirat beantragt eine kleinteilige Bebauung der Parkhausfläche sowie den Erhalt der Freiflächen.