Den anhaltenden Zulauf zur AfD haben sich CDU und CSU zu einem großen Teil selbst zuzuschreiben, ist Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn überzeugt. Statt Migration als „Mutter aller Probleme“ zu bezeichnen, lohne ein Blick auf den „Stuttgarter Weg“.

Stuttgart - Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hat den Kurs von CDU und CSU gegen die AfD als hanebüchen kritisiert. „Man kann nie jemanden bekämpfen, indem man das Gleiche sagt und macht, wie der, den man bekämpfen will.“ Wenn jemand wie Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Migration als „Mutter aller politischen Probleme in unserem Land“ bezeichne, spiele er der AfD in die Karten. „CDU und CSU machen systematisch die AfD fett“, sagte Kuhn der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „CDU und CSU müssen rasch klären, was sie für ein Verständnis von Deutschland in der globalisierten Welt haben.“

 

Kuhn warnte mit Blick auf die gewalttätigen Ausschreitungen in Chemnitz zudem davor, jeden Flüchtling unter Verdacht zu stellen, dass er unter Missbrauch des Asylrechts hier sei. Natürlich gebe es auch in Stuttgart Flüchtlinge, die noch nicht integriert seien. „Aber wir haben ein Konzept“, sagte Kuhn und verwies auf den „Stuttgarter Weg“ mit dezentraler Unterbringung der Flüchtlinge oder Freundeskreisen, die sich schon vor Bezug der Einrichtungen gründeten, um zu helfen.

In Stuttgart leben derzeit 6800 Flüchtlinge

Stuttgart habe „eine große Tradition in der Abwehr von Rassismus, in der positiven Integration von Menschen, die zu uns kommen“. Inzwischen hätten 42 Prozent der gut 610 000 Stuttgarter ihre Wurzeln im Ausland. Aktuell lebten in Baden-Württembergs Landeshauptstadt 6800 Flüchtlinge in 113 Unterkünften. Im Juni 2016 waren es 8600.

„Wir haben die Flüchtlinge sehr gut untergebracht, aber sie zu integrieren ist natürlich der schwierigere Teil“, räumte der Grünen-Politiker ein. Kuhn ist nach eigenem Bekunden froh über einen gesellschaftlichen Konsens in der Stadt, Menschen, die aus Fluchtgründen hierher kommen, zu integrieren. „Dieser Konsens ist so groß, dass er gut hält.“ Kuhn: „Stuttgart ist eine Stadt, die davon lebt, dass in der ganzen Welt unsere Produkte gekauft werden. Wir können nicht sagen: Das wollen wir schon, aber sonst wollen wir mit dem Rest der Welt nichts zu tun haben.“