Wie war das Wetter in Stuttgart im Jahr 2022? Ziemlich ungewöhnlich, wie unsere Klimazentrale-Daten verraten.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Vom Wetter eines Jahres bleiben meist die Extreme in Erinnerung. 2022 war dies zum Beispiel die Gluthitze des Sommers oder, erst kürzer zurückliegend, die Kältewelle Mitte Dezember. Insgesamt lagen die Temperaturen nur an jedem zweiten Tag im historisch zu erwartenden Normalbereich. Das ergibt eine Analyse von Daten unserer Klimazentrale, die auf Messungen des Deutschen Wetterdiensts (DWD) am Schnarrenberg beruhen.

 

An mehr als jedem vierten Tag wurde es wärmer als für die Jahreszeit zu erwarten. Für diesen Normalbereich betrachten wir sämtliche Messungen seit 1961, lassen aber die 20 Prozent der höchsten und niedrigsten Werte weg – weil Wetter nie exakt nach der Norm verläuft und Ausschläge eher die Regel als die Ausnahme sind. Der Normalbereich ist so etwas wie die gefühlte Zone, innerhalb derer sich das Wetter bewegen muss, damit wir es als normal empfinden.

Der Anteil von Tagen, an denen es kühler war als eigentlich zu erwarten, beträgt in der Auswertung gerade einmal sechs Prozent. Im Normalbereich lag eine knappe Mehrheit von 51 Prozent aller Tage 2022. Das gilt sowohl für die Tageshöchstwerte als auch für die nächtlichen Tiefsttemperaturen.

Großeltern wuchsen mit anderem Wetter auf

Wie viel Klimawandel steckt in den Wetterdaten selbst? Dass fast jeder zweite Tag 2022 nicht normal war, bezieht sich auf den Referenzzeitraum 1961 bis 1990. Die Aussage gilt also für das Wetter, mit dem ungefähr die heutige Großelterngeneration aufgewachsen ist. Betrachtet man den späteren Referenzzeitraum 1991 bis 2020, waren deutlich weniger Tage zu warm, etwas mehr Tage zu kalt und insgesamt knapp sechzig Prozent aller Tage im Normalbereich.

Wer in den 1980er oder 1990er Jahren aufgewachsen ist, als der Klimawandel schon stärker spürbar wurde, dürfte das Wetter 2022 also deutlich weniger unnormal empfunden haben. Das „Normal“ der heute Jüngeren ist ein anderes als das ihrer Eltern oder Großeltern.

Was ist noch normal?

Dazu zählt auch die Erkenntnis, dass gerade bei den Tageshöchstwerten der Normalbereich breiter wird. 1961 bis 1990 bewegt er sich in einem Korridor von 7,7 Grad. Seither ist der Temperaturbereich, der als normal gelten kann, neun Grad breit.

Was als zu warm oder zu kalt für eine Jahreszeit gilt, ist also mittlerweile deutlich flexibler zu verstehen. Zugleich fallen die Abweichungen im Mittel schwächer aus, wenn man 1991 bis 2020 als Referenzzeitraum zugrunde legt:

Maßgeblich für die Messung des Klimawandel-Effekts ist die Durchschnittstemperatur. Sie steigt seit Langem, auch in Stuttgart. 2022 war es im Mittel an den allermeisten Tagen wärmer als im Zeitraum 1961 bis 1990 zu erwarten wäre.

Das folgende Schaubild zeigt drei ausgeprägt kühle Perioden im April mit spätem Frost und Schnee, den relativ kühlen September und den kalten Dezember – sowie weitgehend zu hohe Temperaturen im restlichen Jahr:

Nicht die einzelne Hitze- oder Kälteperiode, aber der generelle Trend sind Ausdruck des Klimawandels, den die Menschheit weiterhin mitgestalten kann, unter anderem über den Ausstoß von Treibhausgasen.

Das Datenprojekt Klimazentrale erfasst live die aktuellen Wetterdaten und setzt sie in eine historische Perspektive. Die Daten für Ihren Ort können Sie hier abrufen.