Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)


Zu differenzieren wäre auch zwischen den staatlichen Hilfen, die gezielt Kindern zugutekommen und den sogenannten ehebezogenen Leistungen. Ein klassisches Beispiel für die zweite Kategorie ist das Ehegattensplitting bei der Einkommensteuer. Verheiratete Paare haben davon einen Steuervorteil bis maximal 15.694 Euro jährlich. Der Fiskus verzichtet auf mehr als 20 Milliarden Euro. Dabei spielt es keine Rolle, ob die begünstigten Ehegatten auch Kinder haben. Die werden über den sogenannten Familienlastenausgleich steuerlich gefördert - zunächst durch das Kindergeld. Eltern, die mehr als 60.000 Euro im Jahr verdienen, kommen in den Genuss von Kinderfreibeträgen, die in der Summe einen größeren finanziellen Vorteil bedeuten als das Kindergeld. Zusammengerechnet kostet das den Staat insgesamt mehr als 36 Milliarden Euro.

Die steuerlichen Privilegien für Familien belaufen sich auf mehr als 42 Milliarden Euro, unmittelbare Geldleistungen auf weitere 25 Milliarden. Dazu zählen etwa Bundeszuschüsse an die Rentenkasse für Kindererziehungszeiten (12 Mrd.), Miet- und Heizkostenzuschüsse für die Kinder von Langzeitarbeitslosen (2,6 Mrd.), Beihilfen für Beamte (4,1 Mrd.), das Elterngeld (4,5 Mrd.) und Bafög für Schüler und Studenten (1,5 Mrd.).

Familienförderung ist für den Staat keine Geldverschwendung


Neben steuerlichen Vorteilen und direkten Zuschüssen kommen die Familien auch in den Genuss sogenannter Realtransfers. Darunter sind alle Investitionen und Ausgaben für Kinderbetreuung und Jugendhilfe zu verstehen. So belaufen sich zum Beispiel die im Wesentlichen von Ländern und Kommunen getragenen Gesamtkosten der Kindergärten, Kinderkrippen und Horte auf rund zwölf Milliarden Euro jährlich. Die Jugendhilfe kostet acht Milliarden. Ein Großteil davon entfällt auf Erziehungsheime und die Förderung von behinderten Kindern und Jugendlichen.

Kaum ein anderes Land überschüttet Eltern und Familien mit derart viel Geld. Aber das lohnt sich - nicht nur unter karitativen, moralischen, sozialen oder wahltaktischen Gesichtspunkten. Der Nutzen lässt sich sogar in Euro und Cent taxieren. Diese Rechnung hat vor einigen Jahren das Münchener Ifo-Institut im Auftrag der Bosch-Stiftung aufgemacht - eine "fiskalische Bilanz von Kindern im deutschen Steuer und Sozialsystem". Das Ergebnis ist verblüffend. Für ein durchschnittliches Kind ermittelten die Ökonomen eine "fiskalische Externalität" von 77.000 Euro. Im Klartext heißt das: nach Abzug aller staatlichen Ausgaben rentiert sich die Familienförderung in dieser Höhe pro Kopf. Wenn die Kinder später sehr viel verdienen, kann sich dieser Ertrag sogar auf fast 300.000 Euro belaufen. Selbst kinderlose Kinder rechnen sich für den Staat. Sie erbringen einen fiskalischen Überschuss von 43.000 Euro.

Dazu tragen vor allem die lebenslangen Steuerleistungen und die Beiträge zu den Sozialkassen bei. Auf der Kostenseite schlagen insbesondere die staatlichen Ausgaben für Ausbildung und Kinderbetreuung (136.000 Euro pro Kind), familienpolitische Leistungen (65.000 Euro), Steuer- und Beitragsausfälle bei den Eltern (120.000 Euro) zu Buche. Das Rechenexempel dokumentiert: Familienförderung ist keine Geldverschwendung.