Christian Gentner, der Kapitän des Zweitliga-Spitzenreiters VfB Stuttgart, hat vor 90 Lesern der Stuttgarter Zeitung interessante Einblicke in das Innenleben eines Fußball-Profis gegeben. Der gepflegte Doppelpass mit dem Esslinger Redaktionsleiter der Stuttgarter Zeitung, Kai Holoch, hat die Zuhörer begeistert.

Esslingen - Wenn das mal kein Ansporn ist! Der VfB-Kapitän Christian Gentner, am Dienstag zu Gast in der Reihe „StZ im Gespräch in Esslingen“, wurde nach kurzweiligen zwei Stunden vom Leiter der Esslinger StZ-Redaktion, Kai Holoch, mit zwei Flaschen Sekt in Vereinsfarben verabschiedet. Die eine rot, die andere weiß – zu öffnen erst zur Wiederaufstiegsfeier des Stuttgarter Fußball-Zweitligisten.

 

„Wenn Sie wollen, dürfen Sie die Flaschen auch schon vorher öffnen“, schob Holoch vorsichtig nach. Dieser Einschränkung hätte es nach Ansicht der rund 90 Leserinnen und Leser, die zuvor Zeugen des vergnüglichen verbalen Doppelpasses zwischen dem Fußball-Profi und dem Journalisten geworden waren, gar nicht bedurft. „Mit so einem Kapitän muss man aufsteigen“, brachte Rudolf Kollischon aus Ostfildern die Stimmung in den Redaktionsräumen der Stuttgarter Zeitung auf den Punkt.

Vom Lettenwäldle in die großen Stadien der Fußballwelt

Mit seinem zurückhaltenden, sympathischen aber auch selbstbewussten Auftritt hatte der Kapitän des frischgebackenen Zweitliga-Spitzenreiters VfB Stuttgart zuvor die Sympathien der Zuhörer gewonnen. Dabei spielten sich der Fußball-Profi, der seine ersten fußballerischen Gehversuche im Beurener Lettenwäldle absolviert hat und über den heimischen TSV Beuren und den VfL Kirchheim zum VfB Stuttgart gekommen ist, und der Journalist gekonnt die Bälle zu. Die Zuhörer hatten ihre helle Freude an dem launigen Hin- und Her, bevor sie dann selbst in das Spiel eingreifen durften. Der 31 Jahre alte Redaktionsgast, gewohnt, auch auf dem grünen Rasen in der Schaltzentrale im Mittelfeld den Überblick zu behalten, meisterte auch die zweite Halbzeit, die traditionell den Fragen der StZ-Leserschaft gehört, gelassen und mit großer Ausdauer.

Und auch, als es in der Verlängerung am Ende der beinahe zweistündigen Veranstaltung dann doch noch zur Rudelbildung in den Redaktionsräumen kommen sollte, blieb Gentner die Ruhe in Person. Hier ein Autogramm, dort ein freundliches Wort, hier ein gemeinsames Foto – nichts machte einen aufgesetzten Eindruck bei dem Mann, der in seiner Karriere immerhin schon fünf Mal das Nationaltrikot getragen und zweimal, mit dem VfL Wolfsburg und dem VfB Stuttgart, die Meisterschale als höchste Trophäe des deutschen Fußballs in die Höhe gestemmt hat.

Heimspiel in den Redaktionsräumen

Gut, Gentner hatte in den Redaktionsräumen ein Heimspiel, auch wenn sich sein Gesprächspartner biografisch bedingt als Fan von Darmstadt 98 outete. Als Vorlagengeber sprang der Journalist dann doch über seinen lokalpatriotischen Schatten. Der Meistertitel mit Wolfsburg sei wertvoller gewesen, weil er dort in allen Pflichtspielen als Stammspieler aufgelaufen war, bekannte Gentner auf eine Frage. „Von der Begeisterung und der Party danach war Stuttgart besser“, sagte der Fußballer schmunzelnd.

Im Alter von drei Jahren hat Christian Gentner in Beuren zum ersten Mal gegen den Ball gekickt. Drei Dinge haben sich seit damals nicht geändert. Erstens: „Ich freue mich jeden Tag aufs Training“, sagt der VfB-Kapitän, der seit mittlerweile 15 Jahren sein Geld in seinem Traumberuf verdient. Zweitens: „Mein Vater ist mein größter Kritiker.“ Drittens: „Meine Mutter ist mein größter Fan.“

Rund um diese Konstanten hat sich viel getan, seit er sich auf den Weg gemacht hat, vom Beurener Lettenwäldle aus die großen Stadien dieser Fußballwelt zu erobern. Dass die Stadien nach dem VfB-Abstieg aus der Bundesliga nicht mehr ganz so groß sind, wurmt ihn. „Wir haben die Qualität in der Mannschaft. Wir haben den Aufstieg selbst in der Hand. Wenn wir jedes Mal 100 Prozent geben, dann klappt das auch“, ist er überzeugt. Das kurze Tief vor Weihnachten sei heilsam gewesen. „Die beiden Niederlagen haben uns gezeigt, dass es nur geht, wenn wir voll konzentriert zur Sache gehen“, sagt er. Das Lokal für die Aufstiegsfeier, so Gentner auf die Nachfrage eines Lesers, sei allerdings noch nicht bestellt.

Gute Erinnerungen an Giovanni Trapattoni

In seiner langen Karriere hat Gentner viele Trainer kommen und gehen sehen. Besonders profitiert habe er von Giovanni Trapattoni, obwohl der nur ein kurzes Gastspiel in Stuttgart gegeben habe. „Er hat sich damals besonders um die jungen Spieler wie Mario Gomez und mich gekümmert“, erinnert sich Gentner. Vom Jugendversteher zum Schleifer: Unter Felix Magath habe er seinen Körper kennengelernt, formuliert es Gentner diplomatisch und erntet zustimmendes Nicken vom fachkundigen Publikum. Immerhin: in der Meisterschaftssaison seien er und seine Mannschaftskollegen beim VfL Wolfsburg so fit und austrainiert gewesen, „dass man dem Gegenspieler in der 75. Minute schon angesehen hat, dass ihm die Luft ausgeht“.

Gentner ist die Luft auch nach 15 Jahren als Profifußballer noch nicht ausgegangen – und die Lust schon gar nicht. „Ich möchte so lange wie möglich spielen“, sagt er, auf ein mögliches Karriereende angesprochen. Eine Laufbahn als Trainer wollte er aber nicht kategorisch ausschließen. Ob er dann auch seinen eigenen, heute zweijährigen Sohn trainieren würde, ist nicht ausgemacht. „Es wäre keine Enttäuschung, wenn er nicht Berufsfußballer würde – aber es spricht auch nichts dagegen“, sagt Gentner.

Gefragt, weshalb er als Kapitän nicht öfter mal mit der Faust auf den Tisch haue, sagte er: „Ich kann auch mal laut werden, wenn es sein muss. Aber ich werde mein Naturell deshalb nicht ändern.“ Das kollektive Aufatmen unter den Zuhörern glaubte man ob dieses Bekenntnisses deutlich hören zu können.