Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl spricht im Interview mit der Stuttgarter Zeitung über verschlafene Trends und das Verhältnis zu den Grünen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Wachstum ist für ihn nicht alles: Der designierte CDU-Vize Thomas Strobl will in seiner Partei die Ökonomie mit der Ökologie versöhnen.

 

Herr Strobl, was reizt Sie eigentlich, Angela Merkels Stellvertreter zu werden?
Die Themen, bei denen ich vor allem mitarbeiten will, gründen auf meiner Herkunft, Baden-Württemberg. Dieses Land ist wirtschaftsstark, hat einen gesunden Mittelstand und eine konkurrenzfähige Industrie. Hier hat es bis zum Regierungsstart von Grün-Rot eine solide Finanzpolitik gegeben. Die Schuldenbremse ist von uns in Baden-Württemberg erfunden worden. Diese Erfahrungen würde ich gern stärker in die Bundespolitik einbringen.

Was kann Merkel von der CDU in Baden-Württemberg lernen?
Die CDU ist in Baden-Württemberg nach wie vor stärkste Partei. Andere Landesverbände wären mit knapp 40 Prozent der Stimmen überglücklich. Wahr ist aber auch, dass wir im Südwesten in der Vergangenheit die eine oder andere gesellschaftliche Entwicklung nicht genügend beachtet haben und sie sich in unserer Programmatik nicht ausreichend widerspiegelt. Deshalb haben wir im Land eine Diskussion der Öffnung, etwa mit unserem Projekt „Frauen im Fokus“. Daraus werden wir Konsequenzen ziehen.

Macht die Südwest-CDU eine Reform durch, die der gesamten Partei noch bevorsteht?
Wenn wir die CDU Baden-Württemberg richtig positionieren, nutzt das auch der Bundes-CDU.

Zum Beispiel?
Für das Schiff der Union ist es gut, wenn wir uns inmitten des gesellschaftlichen Stroms befinden. Wir müssen dabei aber nicht ständig Ausschau halten, wo andere Boote herumkurven, ob sie nun grün oder rot lackiert sind. Wir haben als klaren Kompass das christliche Bild vom Menschen und das gibt uns die Richtung.

An der CDU-Spitze gibt sich Ursula von der Leyen als große Sozialpolitikerin, Armin Laschet bringt sich als Wirtschaftspolitiker ins Gespräch. Für welchen Flügel sprechen Sie ?
Wir sind alles Christdemokraten, jede und jeder vertritt eine große Volkspartei. Ich persönlich habe meine Erfahrungen aus Baden-Württemberg einzubringen und will nicht speziell einer Richtung gefällig sein. Mein Augenmerk liegt auf einem starken Mittelstand, den Familienbetrieben und der Industrie. Zugleich werbe ich für eine Symbiose aus Ökonomie und Ökologie. Das müssen wir in der CDU ausbalancieren. Dafür stehe ich.

Sie sind für einen pragmatischen Kurs. Das kann Merkel doch selbst am allerbesten . . .
Ich stehe für einen pragmatischen Kurs, sage aber zugleich deutlich, dass unsere Entscheidungen immer auch auf den Prüfstand unserer Werte gehören. Wir müssen die Frage beantworten: Was hat die konkrete Maßnahme mit unserem christlichen Menschenbild zu tun? Ein gutes Beispiel ist die Bildungspolitik. Wir sind nicht nur deshalb für ein gegliedertes Schulwesen, weil wir bei der Pisa-Studie so gut damit abschnitten. Wir sind dafür, weil es unserer Auffassung entspricht, dass die Menschen, dass alle Kinder unterschiedlich sind und es deshalb verdient haben, individuell gefördert zu werden. Unser Ziel ist nicht, dass am Ende der Schulzeit alle Menschen gleich sind, sondern dass wir ihnen eine bestmögliche Entwicklung ihrer individuellen Möglichkeiten ermöglichen. Deshalb lehnen wir die Einheitsschule ab.