Beim Kinder- und Jugendfestival in Stuttgart bieten die Gemeinschaft Erlebnis Sport und das Jugendamt Einblicke in die hierzulade noch unpopuläre Sportart Cricket – und bringen auf diese Weise Flüchtlingskinder mit anderen Kindern zusammen.

Stuttgart - Das diesjährige Motto des Kinder- und Jugendfestivals „Unsere bunte Stadt“ soll zeigen, wie viele verschiedene Kulturen in der Landeshauptstadt vertreten sind. Dieses Motto passt auch perfekt zum Vorhaben der Gemeinschaft Erlebnis Sport (GES) und der Abteilung „Hilfe für Erziehung“ vom Jugendamt Stuttgart. Gemeinsam wollen sie eine Cricket Mannschaft für Flüchtlinge und Kinder und Jugendliche von hier aufbauen. Auf dem Festival kann jeder, die in Deutschland noch recht unbekannte Sportart Cricket ausprobieren. Das Besondere: Flüchtlinge bringen den Kids vor Ort das Spiel bei.

 

Waltraud Stuntebeck, Abteilungsleiterin vom Jugendamt erklärt: „Wir haben viele Flüchtlinge aus Ländern wie beispielsweise Pakistan, Indien oder Afghanistan in denen Cricket der Nationalsport ist. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit der GES die Flüchtlinge durch Sport in die Gesellschaft zu integrieren.“

Angebot für Flüchtlinge und Nicht-Flüchtlinge

Ali Zaidi, der mit den jungen Flüchtlingen arbeitet, ergänzt. „Über 90 Prozent der Flüchtlingskinder, die hier nach Deutschland kommen, sind traumatisiert. Durch den Sport, den sie kennen, bekommen sie zumindest für ein paar Stunden Ablenkung. Denn Fußball kennen sie nicht. Wir merken, dass es einen großen Bedarf an einem solchen Angebot gibt.“ Deswegen kam auch die Kooperation mit der GES zustande. „Wir sind ein städtisches Programm und bieten sogenannte niederschwellige Sportangebote an. Es geht darum ein kostenloses Sportangebot aufzubauen“, erklärt Fabian Schönleber von der GES. Niederschwellige Sportangebote richten sich an den von Menschen mit Migrationshintergrund oder aus sozial benachteiligten Verhältnissen aus.

Im gemeinsamen Cricket-Spiel mit Nicht-Flüchtlingskindern sollen also neue Kontakte und Beziehungen aufgebaut werden. „Niemand soll ausgegrenzt werden, alle sollen mit einbezogen werden“, so Zaidi. Auf dem Kinder- und Jugendfestival sollen die Kids die Sportart einfach mal ausprobieren können.

Cricket stößt auf großes Interesse bei den Kids

Mit Erfolg, denn der Stand stößt auf großes Interesse, besonders beim jüngeren Publikum. Hier sind viele dabei, die die unbekannte Sportart ausprobieren wollen. So aus der zehnjährige Julian. Doch zuvor bekommt er einen Helm aufgesetzt und Beinschoner angezogen. Jetzt noch den Holzschläger in die Hand nehmen und es kann losgehen. Der Ball kommt auf Julian zugeflogen und dieser versucht den Ball mit seinem Schläger wegzuschlagen. Der Werfer wiederum versucht die Holzstangen zu treffen, die hinter Julian stehen. Die ersten Versuche den Ball zu treffen scheitern. „Das ist gar nicht so leicht“, meint Julian. Doch dann: Volltreffer! Der Ball fliegt ich hohem Bogen davon. „Das macht Spaß!“, jubelt Julian.

Dass den Ball zu treffen gar nicht immer so leicht ist, weiß auch Ali Raza Butt. Er kam bereits vor drei Jahren aus Pakistan nach Deutschland. „In Pakistan habe ich schon von klein auf Cricket gespielt. Am schwierigsten ist es, wenn der Ball schnell und niedrig angeflogen kommt.“ „Da hilft nur viel Übung“, ergänzt Naveed Gul Zazei. Er kam vor sieben Monaten von Afghanistan nach Deutschland.

Eigentlich wird Cricket in zwei Mannschaften zu je elf Mann oder Frau gespielt. Es gibt einen Werfer, der versucht die Holzstangen hinter dem Schlagmann zu treffen. Der Schlagmann versucht das zu verhindern und den Ball wegzuschlagen. Gelingt ihm dies, versucht die Mannschaft, die auf dem riesigen Spielfeld verteilt steht, den Ball möglichst schnell zu fangen. Der Schlagmann muss in der Zwischenzeit eine gewisse Distanz rennen. Nach einer bestimmten Anzahl an Würfen, die je nach Spielart unterschiedlich sein kann, tauschen die Mannschaften ihre Plätze. Gewonnen hat die Mannschaft mit den meisten Punkten.

Suche nach Mitspielern

„Unser Ziel auf lange Sicht ist es, dass wir eine ganze Mannschaft zusammen bekommen und dass alle zusammen etwa einmal pro Woche gemeinsam trainieren und spielen können“, sagt Schönleber. Doch zuerst musste erst einmal ein passendes Trainingsgelände gefunden werden. Das war gar nicht so einfach, denn für Cricket braucht man ein großes Spielfeld. Zusätzlich war nicht jeder in Frage kommende Verein an einer Kooperation interessiert. „Schließlich sind wir dann doch fündig geworden. In Degerloch bei den Sportsfreunden Stuttgart hat sich dann letztendlich eine Kooperation ergeben“, so Schönleber. Jetzt fehlen nur noch mehr Spieler.

Wenn sich jetzt genug Kinder und Jugendliche aus Stuttgart und Umgebung finden lassen, dann rückt der Traum vieler Flüchtlinge, Cricket endlich mal wieder in einer vollzähligen Mannschaft spielen zu können, in greifbare Nähe.

Unser Kinderreporter Theo führt uns über das Kinder- und Jugendfestival