Der Ökonom Max Otte, der 2006 die Finanzkrise vorgesagt hat, fürchtet die nächste Blase. Vor Lesern der Stuttgarter Zeitung sprach er beim Parkettgespräch unter anderem über den Dax, den er für leicht überbewertet hält.

Stuttgart - Der Wirtschaftswissenschaftler Max Otte, der im Jahr 2006 mit seinem Buch „Der Crash kommt“ die Finanzkrise vorhergesagt hatte, bezeichnet die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) als Gift für die Mittelschicht. „Bei diesen Manipulationen am Geldmarkt gibt es Gewinner und Verlierer“, sagte Otte beim Parkettgespräch an der Stuttgarter Börse. Privatanleger sind aus seiner Sicht die Verlierer einer Politik, von der wiederum Staaten und große Fonds profitieren. Otte, der mit Börsen-Geschäftsführer Christoph Boschan vor Lesern der Stuttgarter Zeitung über die Lage an den Finanzmärkten diskutierte, sprach von verrückten Zeiten („Wir sind in die Planwirtschaft reingerutscht“), in denen die Anleger wegen der Nullzinspolitik der EZB real kaum eine Rendite erwirtschaften können. Dem widersprach Boschan. Dass die Nominalzinsen geringer sind als die Inflationsrate, ist aus Sicht des Juristen nicht so ungewöhnlich. Er verwies auf das Jahr 2008, als sich Zinsen und Inflationsrate auf ungefähr gleicher Höhe bewegten.

 

Otte, der an der Hochschule Worms und der Uni Graz lehrt, gilt seit seinem Bestseller von 2006 als Krisenprophet. Er wurde seinem Ruf gerecht, indem er zum Beispiel die Euro- und Staatsschuldenkrise für keineswegs überwunden erklärte. Otte: „Ich sehe keine Verbesserung, die Schulden sind nur versteckt.“ Und er zeigte sich überzeugt, dass sich an den Finanzmärkten eine neue Blase bildet. Den Dax hält er freilich nur für „leicht überbewertet“ und kann sich sogar vorstellen, dass der Index noch 11 000 oder 12 000 Punkte erreicht.

Einig war sich Otte mit Boschan, dass die EZB-Zinspolitik zu sehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Aus ihrer Sicht sollte in der Eurozone mehr über Strukturreformen diskutiert werden. Otte kritisierte den häufigen Ruf nach Wachstumsimpulsen, der aus seiner Sicht nur eine laxe Finanzpolitik rechtfertigen soll. Otte: „Wachstum kommt aus dem Sparen.“